Siehe auch: The occurance and effectiveness of country breezes, 1992
 
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Windkanalmodellierung von Schadstoffausbreitungsvorgängen für Immissionsprognosen im komplexen Umfeld

Dipl.-Phys. E.Romberg

Zusammenfassung

Im komplexen Terrain gibt es wenig Möglichkeiten die Ausbreitung von Kfz-Abgasen in unmittelbarer Nähe der Quelle hinreichend genau zu erfassen. Eine leistungsfähige Methode für diesen Problemkreis sind Ausbreitungssimulationen im Windkanal. Anhand von mathematisch-physikalischen Analysen kann gezeigt werden, daß bei Erfüllung bestimmter Modellgesetze Windkanalmessungen für die Praxis angewandt werden können. An Beispielen zur Tieflegung der Rheinuferstraße in Düsseldorf sowie zur Abdeckung der hochbelasteten Stadtautobahn A40 in Essen wird dokumentiert, wie Windkanalmessungen für Luftreinhaltungsfragen an Straßen zum Einsatz kommen.

Allgemeine Vorbemerkungen

Die Schadstoffbelastung kann in den Innenstädten an Verkehrsschwerpunkten so erheblich sein, daß die Überschreitung von Grenzwerten zur Regel gehören. Trotz umfangreicher Emissionsminderungsmaßnahmen sind die Immissionen für einige Schadstoffkomponenten nach wie vor hoch, weil das ständig steigende Verkehrsaufkommen sowie das Nichteinbeziehen der Nutzfahrzeuge in Emissionsminderungskonzepte die erzielten Erfolge kompensieren. Emissionseitig sind mit den Emissionsbegrenzungen für neuzugelassene Lkw nach der EURO 1 ab 1993 sowie nach der EURO 2 ab 1996 die gezetzlichen Voraussetzungen für die Einbeziehung der Nutzfahrzeuge geschaffen worden. Immissionsseitig sind in der Bundesrepublik Deutschland mit der 22. und 23. Verordnung zum §40 Abs.2 des Bundesimmissionsschutz-Gesetzes (BImSchG) die Voraussetzung geschaffen worden, Maßnahmen zu prüfen, wie diesen hohen Immissionsbelastungen entgegenzuwirken ist.

Fachausdrücke

Emission / Immission

Als Emission bezeichnet man die von einem Fahrzeug oder anderen Emittenten ausgesto­ßene Luftschadstoffmenge in Gramm Schadstoff pro Stunde. Die in die Atmosphäre emit­tierten Schadstoffe werden vom Wind verfrachtet und führen im umgebenden Gelände zu Luftschadstoffkonzentrationen, den so genannten Immissionen. Diese Immissionen stellen Luftverunreinigungen dar, die sich auf Menschen, Tiere, Pflanzen und andere Schutzgüter überwiegend nachteilig auswirken. Die Maßeinheit der Immissionen am Untersuchungspunkt ist µg (oder mg) Schadstoff pro m³ Luft.

Hintergrundbelastung / Vorbelastung / Zusatzbelastung / Gesamtbelastung

Als Hintergrundbelastung wird im Folgenden diejenige Immission je Schadstoff am Immissionspunkt bezeichnet, die aus Quellen wie Industrie, Gewerbe und Hausbrand sowie nicht erfasstem Verkehr in großer Entfernung herrührt.
Vorbelastung  ist die Immission je Schadstoff ohne die Beiträge des Straßenverkehrs in den Planungsbereichen; sie enthält die Hintergrundbelastung.
Die Zusatzbelastung ist diejenige Immission je Schadstoff, die ausschließlich vom Ver­kehr auf den zu beurteilenden Straßen hervorgerufen wird.
Die Gesamtbelastung ist die Summe aus Vorbe­lastung und Zusatzbelastung und wird bei den hier betrachteten Schadstoffkomponenten in µg/m3 angegeben.

Grenzwerte / Prüfwerte / Leitwerte / Vorsorgewerte

Grenzwerte sind vom Gesetzgeber vorgeschrie­bene Beurteilungs­werte für Luftschadstoff­konzentrationen, die in der Regel nicht überschrit­ten werden dürfen. Sie sind auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse mit dem Ziel festgelegt worden, schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und/oder die Umwelt insgesamt zu vermeiden, zu verhüten oder zu verringern. Die Einhaltung der Grenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit wird in Bereichen überwacht, in denen sich Menschen über einen Zeitraum aufhalten, der mit dem Mittelungszeitraum des betreffenden Grenzwertes vergleichbar ist. Damit hat z.B. der Jahresmittelwert dort keine Relevanz, wo sich Menschen nicht dauernd aufhalten - z.B. im Straßenraum oder am Fahrbahnrand. Werden die zum Schutz der menschlichen Gesundheit fest­gelegten Grenzwerte eingehalten, sind nach gegenwärtigem Kenntnisstand gesundheitliche Beein­trächtigungen nicht zu erwarten. Dies gilt auch für empfindliche Personen. Bei deutlicher und dauerhafter Überschreitung der Grenzwerte ist ein allgemein erhöhtes Krankheitsrisiko möglich.

Die Grenzwerte für den Schutz von Ökosystemen und für den Schutz der Vegetation beziehen sich auf größere, besonders zu schützende Bereiche, die weitgehend unbeeinflusst durch menschliche Aktivitäten sind, wie z. B. Naturschutzgebiete. Sie kommen im vorliegenden Untersuchungsgebiet nicht zum Tragen.

Für Stoffe wie z.B. Ruß existieren in Deutschland keine Grenzwerte. Die 23. BImSchV gibt für diesen Luftschadstoff jedoch so genannte Prüfwerte vor, bei deren Überschreitung der Einsatz verkehrslenkender Maßnahmen zur Senkung der Schadstoffbelastung zu prüfen ist. Diese Prüfwerte werden hier wie Grenz­werte behandelt.

Leit- bzw. Vorsorgewerte stellen zusätzliche Beurteilungsmaßstäbe dar, die zahlenmäßig niedriger als Grenz­werte sind und somit im Konzentrationsbereich unterhalb der Grenzwerte eine differenzierte Beurteilung der Luftqualität ermöglichen.

Jahresmittelwert / 98-Perzentilwert

An den betrachteten Untersuchungspunkten unterliegen die Konzentrationen der Luft­schadstoffe in Abhängigkeit von Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Verkehrsaufkommen etc. ständigen Schwankungen. Die Immissionskenn­größen Jahresmittelwert und 98-Per­zentilwert charakterisieren diese Konzentrationen. Der Jahresmittelwert stellt den über das Jahr gemittelten Konzentrationswert dar. Da eine das ganze Jahr über konstante Konzentration zum gleichen Jah­res­mittelwert führen kann wie eine zum Beispiel tagsüber sehr hohe und nachts sehr niedrige Konzen­tration, gibt es zusätzlich zum Jahresmittelwert auch den so genannten 98-Perzentilwert der Konzentrationen. Das ist derjenige Konzen­trati­ons­wert, der in 98 % der Zeit des Jahres unterschritten wird. Der 98-Perzentil­wert ist also ein Maß für die Spitzen­konzen­tratio­nen, die zum Beispiel bei Verkehrsspitzen und/oder schlechten Durchlüftungsverhältnissen auftreten.

Fahrmuster / Verkehrssituation

Emissionen und Kraftstoffverbrauch hängen in hohem Maße vom Fahrverhalten der KFZ ab, die sich in unterschiedlichen Betriebszuständen wie Leerlauf im Stand, Beschleunigung, Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit, Bremsverzögerung etc. befinden. Das typische Fahr­verhalten der KFZ kann zu so genannten Fahr­mustern zu­sammengefasst werden. Durch Messungen wurden vom TÜV Rheinland die Emissionen für Straßen außerhalb bzw. innerhalb von Ort­schaften für 10 typische Fahrmuster bestimmt. Im realen Straßenverkehr jedoch gibt es mehr als 10 Fahrmuster. Deshalb wurden vom Umweltbundesamt eine Vielzahl von so genannten Verkehrssituationen definiert (als Kombination von Fahrmustern) und dafür die Emissionen gegeben. Verkehrssituationen sind durch die Merkmale eines Straßen­ab­schnitts wie Geschwindigkeitsbeschränkung, Ausbaugrad, Vorfahrtregelung etc. charakterisiert.

PM2.5 bzw. PM10

Es handelt sich um Partikel, die einen Größen selektierenden Lufteinlass passieren, der für einen aerodynamischen Durchmesser von 2.5 µm bzw. 10 µm eine Abscheidewirksamkeit von 50 % aufweist. Als PM10-Konzentrationen werden im vorliegenden Gutachten die Feinstaubkonzentrationen, bestehend aus Partikeln mit aerodynamischem Durchmesser bis 10 µm betrachtet. Feinstaub­konzentrationen können aufgrund der Lungengängigkeit der Partikel gesundheitsgefährdender sein als Konzentrationen bestehend aus größeren Staubpartikeln.

Äquivalentwert EG-RL

Die EG fordert, dass ein Stundenmittelwert der NO2-Konzentration von 200 µg/m3 in nicht mehr als 18 Stunden pro Jahr überschritten werden darf. Dies entspricht ca. einem 99.8-Perzentil­wert von 200 µg/m3. Es lässt sich abschätzen, dass diese Forderung in etwa äquivalent ist mit der Forderung, einen 98-Perzentilwert 130 µg/m3 nicht zu überschreiten. Dieser Wert wird im folgenden Äquivalentwert EG-RL genannt. Eine analoge Betrachtungsweise führt zu einem Äquivalentwert EG-RL für PM10 von 28 µg/m3 im Jahresmittel, bei dessen Unterschreitung auch der Grenzwert für die PM10-Tagesmittelwerte eingehalten ist.

Gesetzliche Rahmenbedingungen

Nachfolgend werden die in der geplanten Studie verwendeten Beurteilungswerte für die beurteilungsrelevanten Autoabgaskomponenten zusammenfassend aufgeführt. Diese Beurteilungswerte sowie die entsprechende Nomenklatur werden im späteren Gutachten durchgängig verwendet.

Die Beurteilung der Schadstoffimmissionen erfolgt durch Vergleich mit den Prüfwerten nach 23. BImSchV ( Tab. 1) bzw. mit den jeweiligen Immissionsgrenzwerten nach 22. BImSchV ( Tab. 2). Relevant sind hier die Jahresmittelwerte von 40 µg NO2/m3, 40 µg PM10/m3, 5 µg Benzol/m3 und 8 µg Ruß/m3, die Überschreitungshäufigkeiten des Stundenmittelwertes von 200 µg NO2/m3 und die Überschreitungshäufigkeiten des 24‑Stundenmittelwertes von 50 µg PM10/m3.

Schadstoff

Prüfwert in [µg/m3]

Jahresmittel

98-Perzentilwert

NO2

-

160

Benzol

10

-

Ruß

8

-

Tabelle 1: Beurteilungsmaßstäbe für Luftschadstoffimmissionen nach 23. BImSchV

Schadstoff

Mittelungs­zeitraum

Immissionsgrenzwert in [µg/m3]

Zulässige Überschreitungen im Kalenderjahr

Toleranzmarge im Jahr 2010 in [µg/m3]

NO2

1 Stunde

200 (130)

18 (keine)

0

NO2

Kalenderjahr

40

Keine

0

PM10

24 Stunden

50 (28)

35 (keine)

0

PM10

Kalenderjahr

40

Keine

0

Benzol

Kalenderjahr

5

Keine

0

Tabelle 2: Immissionsgrenzwerte zum Schutz der menschlichen Gesundheit nach der 22. BImSchV

In der 22. BImSchV sind Immissionsgrenzwerte und zeitabhängige Toleranzmargen für Schwefeldioxid (SO2), Stickstoffdioxid (NO2), Stickstoffoxide (NOx), Partikel (PM10), Blei, Benzol und Kohlenmonoxid (CO) festgelegt. Die für verkehrsbedingte Schadstoff­immissionen - aufgrund der Emissionsstärken - relevanten Immissionsgrenzwerte entsprechend der 22. BImSchV sind in der Tab. 2 aufgeführt.

Für Stickstoffdioxid gelten also  40 µg/m3 für den Jahresmittelwert sowie 18 zulässige Über­schreitungen von 200 µg/m3 pro Jahr, was dem oben bereits angesprochenen 99,8‑Perzentil bzw. einem 98‑Perzentil-Äquivalentwert von 130 µg/m3 (Tab. 2 in Klammern) entspricht. Für die Beurteilung ersetzt dieser Wert als Äquivalent zum Grenzwert gemäß der 22. BImSchV den Prüfwert der 23. BImSchV.
Zum Schutze der Vegetation wird ein Jahres­mittelwert von 30 µg/m3 für die Stickstoffoxide genannt, der für die hier geplante Untersuchung aber irrelevant ist.
Neben den Stickoxiden haben die PM10 Partikel noch eine Beurteilungsrelevanz. Hier werden maximal 40 µg/m3 PM10 für den Jahresmittelwert sowie 35 Überschreitungen des Tagesmittelwerts von 50 µg/m3 pro Jahr zugelassen, was dem Jahresmittel-Äquivalentwert von 28 µg/m3 (Tab. 2 in Klammern) entspricht.
In der  22. BImSchV ist für Benzol der Jahresmittelwert von 5 µg/m3 festgelegt. Dieser ersetzt den bisher zugrunde gelegten Prüfwert von 10 µg/m3 gemäß 23. BImSchV, wobei im Gegensatz zu diesem der neue Wert ein verbindlicher Grenzwert ist.
Für die Beurteilung von Maßnahmen vor 2010 werden den Grenzwerten gemäß 22. BImSchV noch Toleranzmargen zugeschlagen. Für NO2 werden demnach für jedes Jahr vor 2010  2 µg/m3 zum Grenzwert für den Jahresmittelwert bzw. 10 µg/m3 zum Grenzwert für den Spitzenwert addiert.
Die Grenzwerte für PM10 treten ab 2005 in Kraft, so dass hier keine Toleranz­margen mehr zugerechnet werden.
Beim Benzol ist bis zum 1. Januar 2006 noch eine Toleranzmarge von 5 µg/m3 zugelassen, die sich dann um jährlich 1 µg/m3 verringert, bis zum 1.Januar 2010 der gesetzliche Immissionswert von 5 µg/m3 erreicht ist.
Aus der 23. BImSchV bleibt für die vorliegend geplante Studie ausschließlich der Prüfwert von 8 µg/m3 als Jahresmittelwert relevant.

Neben den Änderungen im Immissionsschutzrecht sind in den letzten Jahren vom Europäischen Rat erheblich verschärfte Emissionsgrenzwerte beschlossen und zum Teil bereits umgesetzt worden. Mit der Euro I und II sind 1993 bzw. 1996 die ersten Stufen der Euro I bis V in Kraft gesetzt worden, wodurch die Gesamtemissionen trotz erhöhten Verkehrsaufkommens bis Anfang 2001 um mehr als 30 % zurückgegangen sind. Seit 2001 sind mit den Richtlinien der Euro III (RL 96/69/EG für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge bzw. RL 96/01/EG für Lkw und Busse) die Emissionsgrenzwerte weiter verschärft worden, wobei die zulässigen Emissionen für Neufahrzeuge gegenüber der Euro II noch einmal um ca. 30 % reduziert worden sind. Mit der Euro IV (RL 98/69/EG für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sowie RL 99/96/EG für Lkw und Busse) werden 2005 die zulässigen Stickoxidemissionen nochmals um ca. 30 % von den Werten der Euro III verringert. Bei Ruß ist für neu zugelassene Lkw und Busse  sogar eine Reduzierung um 80 % gegenüber 2001 vorgesehen. Spätestens 2010 tritt mit der Euro V die vorläufig letzte Stufe der Europäischen Beschlüsse in Kraft.

Schadstoffkomponenten und deren Emissionen

Obligatorisch ist die Berechnung der Komponenten, für die es Grenzwerte gemäß der novellierten 22. BImSchV gibt und deren Erreichen oder Überschreiten möglich ist. Das sind hier Stickoxide, Benzol und Feinstaubpartikel PM10. Andere in dieser Verordnung genannte Komponenten wie CO, Blei und SO2 sind für Vorhaben wie das Vorliegende irrelevant, da für diese aufgrund der Emissionen und aktuellen Messdaten von einer deutlichen Unterschreitung der Grenzwerte aus­zugehen ist.

Darüber hinaus muss auch Ruß in die Betrachtung mit einbezogen werden, da der Jahresmittelwert von 8 µg/m3 als Prüfwert gemäß 23. BImSchV aktuell ist, aber keinen tatsächlichen Grenzwertcharakter hat. Hier sind zwar überproportionale Emissionsmin­derungen durch die Umsetzung der Emissionsrichtlinien zu erwarten, aber nach dem heutigen Kenntnisstand sind neben den verbrennungsbedingten Rußemissionen auch der Ruß aus Reifenabrieb zu berechnen, da dieser einen erheblichen Anteil am Gesamtruß hat.

Die verbrennungsbedingten Schadstoffemissionen des Verkehrs können z.B. mithilfe des im Auftrag des Umweltbundesamtes entwickelten Modells MOBILEV ermittelt werden. Die Emissionen auf den Straßen­abschnitten im Untersuchungsgebiet sowie im Umfeld einer geeigneten Immissions- Messstelle werden auf Grundlage von Verkehrsdaten angesetzt. Verkehrstagesgänge von Pkw und Schwerverkehr werden dabei so weit wie vorhanden mit berücksichtigt. Bei lückenhafter Datenbasis gibt das Modell straßenspezifische Verkehrs­tagesgänge vor. Um die Genauigkeit zu erhöhen, müssen die Spezifikationen wie Straßenart, Fahrbahnbreite, Vorfahrt- und Signalreglung sowie Steigungen und Gefälle vor Ort erfasst werden. In den daraus berechneten Emissionsfaktoren werden in der Analyse des Status quo die Auswirkungen der Euro I und II bereits berücksichtigt. Für eine Prognose < 2015 fließen die EURO III und zum Teil die EURO IV mit ein. In der Prognose 2015 sind die Normen EURO I bis IV nahezu voll zur Auswirkung gekommen, und die EURO V ist ebenfalls bereits mit einem deutlichen Anteil wirksam. Die Genauigkeit der auf diese Weise ermittelten Emissionsfaktoren lässt sich bei guter Datenbasis mit ± 10 bis 15 % angeben.

Für die Emissionen aus Reifen-, Bremsen- und Straßenabrieb sowie aus der Aufwirbelung von Straßenstaub, die einen erheblichen Anteil an den Gesamtemissionen haben, gibt es keine gesicherten Emissionsfaktoren. Daher werden diese mit besonderen Verfahren ermittelt. Die Rußemissionsfaktoren für den Reifenabrieb werden aus den Messungen (/6/ Rauterberg-Wulff, 1999a und 1999b) abgeleitet.

Zur Quantifizierung der nicht motorbedingten Emissionen des PM10 wird eine Formel der US Environmental Protection Agency (EPA) herangezogen, die als EPA-Formel bekannt ist, und in den USA bereits angewandt wird. In (/1/ Lohmeyer et al.,  2001) sind Parameter-Modifikationen vorgeschlagen worden, um die Formel auf deutsche Verhältnisse anzupassen; diese wird daher modifizierte EPA-Formel genannt.

Theoretische Grundlagen der Windkanalmodellierung

Die theoretischen Grundlagen für die Modellierung eines Ausbreitungsvorgangs im Windkanal leiten sich aus den atmosphärischen Transport- und Zustandsgleichungen ab. Ein kompletter Satz dieser Gleichungen beinhaltet die Erhaltungssätze von Masse, Impuls und Energie und erfüllt den 1. und 2. Hauptsatz der Thermodynamik. Die Transportgleichungen beschreiben dabei die zeitliche Variabilität der Zustandsgrößen wie die Luftdichte r, die masseförmigen Luftbeimengungen Km, die virtuelle Temperatur TV ,den Luftdruck p und den Windgeschwindigkeitsvektor . Für die Prognose von Ausbreitungsvorgängen in der Atmosphäre müssen diese Transportgleichungen gelöst werden.

Die exakte, vollständige Lösung dieser Transportgleichungen ist nicht möglich und auch nicht zweckmäßig. Es ist daher üblich, diese Gleichungen auf die betrachtete Problemstellung zu skalieren. Für Ausbreitungsvorgänge im komplexen Terrain sind insbesondere Abläufe im näheren Quellbereich von Interesse. Für die Skalierung ergibt sich daraus im allgemeinen ein Untersuchungsgebiet x, y, z < 1000 m. In der Umwelt-Meteorologie ist dafür der Begriff "Microscale" üblich. Aus der Skalierung folgen unmittelbar und mittelbar eine Reihe von Vereinfachungen, so daß sich die Transportgleichungen reduzieren lassen:

  • Reduzierung um mesoskalige oder synoptische Größenordnungen,
  • Degenerierung des Geopotentialgradienten auf die Vertikalkomponente der Schwerkraft  F = g k mit k = Einheitsvektor der Vertikalkomponente,
  • Degenerierung der Corioliskraft 2 W x w = f . k x w mit dem breitenabhängigen Coriolisparameter f = 2 |W| . sin fg, der Winkelgeschwindigkeit der Erde W und dem Breitengrad fg,
  • Gültigkeit der Boussinesq-Approximation.

  • Daher kommt die Luftdichte nicht mehr als unabhängige Variable in den Transportgleichungen vor und ist - abgesehen vom Auftriebsterm - konstant. Im Auftriebsterm treten Dichteunterschiede nur aufgrund von Temperaturunterschieden auf. Unmittelbar aus der Boussinesq-Approximation folgt die Forderung nach Divergenzfreiheit des Strömungsfeldes Ñ.w = 0.
In der bodennahen Ausbreitungsschicht (Prandtl-Schicht z < 100 m) ist der Transport darüber hinaus turbulenzbestimmt, so daß i. a. die molekulare Diffusion von Masse und Wärme gegenüber der turbulenten vernachlässigbar ist. Verwendet man für die Skalierung des Problems im komplexen Terrain z. B. die Skalierungsgrößen H als charakteristische Gebäudehöhe, UH als Horizontalwindgeschwindigkeit an einer Meßstelle z.B. 10 m über Dach (häufig auch Uref in 10 m Höhe über Grund am Einströmrand des Untersuchungsgebietes), die Differenz der potentiellen Temperatur (DQQ)0 = Q0 - Q¥  zwischen dem oberen Rand des Untersuchungsgebietes und dem Boden, AQ die Quellfläche, durch die Luftverunreinigungen in die Atmosphäre übergehen,  die Quellmassenstrom in kg/s, der durch AQ tritt. Anlalog sei h der Strom anthropogener Wärme die über die Fläche an die Atmosphäre abgegeben wird.So erhält man die dimensionslosen Transportgleichungen für
  • die masseförmigen Luftbeimengungen (Wasserdampf, Schadstoffe etc.)
  (1)
  • den Impuls
(2)
  • die Wärme

(3)

Die (1) bis (3) mit * gekennzeichneten Größen sind dimensionslos. ( ^ ) und ('') kennzeichnen das mit der Dichte gewogene Hesselberg-Mittel bzw. die Fluktuation. Entsprechend bedeuten und (') das einfache Reynolds-Mittel und die entsprechenden Fluktuationen. Die Zeichen (.) und (:) zwischen den Vektoren und Tensoren bedeuten skalare bzw. doppelt skalare Multiplikationen. In der dargestellten Form sind die Gleichungen systeminvariant und gelten sowohl in der Natur als auch im Modell des Windkanals. Die dimensionslosen Faktoren vor den Termen auf den rechten Seiten der Gleichungen müssen im Modell und in der Natur gleich sein. Als Kennzahlen ergeben sich
 
  • aus (1)         die Transmissionskennzahl (4)
  • aus (2) Reh die Gebäudereynoldszahl mit n = m/r als kinematische Zähigkeit, wobei m die dynamische Zähigkeit darstellt, Fr die densimetrische Froudezahl und RO die Rossbyzahl.
    • (5a)  (5b)

    • (5c)
 
  • - aus (3) mit der Eckert-Zahl und der spezifischen Wärmekapazität
  • sowie 
die Wärmetransmissionszahl (6a)

(6b)

Die Lösung der Gleichungen (1) bis (3) erfolgt im Windkanal durch Ausmessen der dimensionslosen Prognosegrößen. Diese müssen gleich sein wie in der Natur, wenn die Kennzahlen in Modell und Natur gleich sind. Die gleichzeitige Erfüllung aller Ähnlichkeitsbedingungen (Gleichheit der Kennzahlen) ist im Windkanal praktisch nicht möglich aber auch nicht erforderlich. Abhängig vom Problem reduzieren sich (2) und (3). Bei der Modellierung eines Ausbreitungsvorgangs im komplexen Gelände verschwindet im adiabatisch (im Windkanal isotherm) atmosphärischen Schichtungszustand die rechte Seite der Gleichung (2) komplett, wenn - geometrische Ähnlichkeit vorausgesetzt - die Gebäudereynoldszahl ReH  >   104 als kritischen Wert überschreitet. Die Strömung ist dann rein turbulenzbestimmt. Modellrechnungen von Eichhorn /2/ haben gezeigt, daß in diesem Fall die Stabilität der atmosphärischen Schichtung kaum einen Einfluß auf das Strömungsfeld hat. Der zweite Term auf der rechten Seite von (3) gibt die Umwandlung von kinematischer Energie der Strömung in Wärme an (Reibungsdissipation). Diese spielt im vorliegend betrachteten Fall keine Rolle und entfällt. Der Quellterm in (3) ist nur relevant, wenn Wärmequellen im Modell simuliert werden. Die (3) ist dann formal identisch mit (1). Bei Erfüllung der geometrischen Ähnlichkeitsbedingungen - d. h. maßstabsgetreue Modellierung des Geländes - und Überschreiten der kritischen Reynoldszahl stellt sich das Strömungs- und Turbulenzfeld automatisch richtig ein. Eine Austauschparameterisierung der turbulenten Flüsse ist wie bei einer mathematischen Lösung der Gleichungen nicht erforderlich, da diese direkt simuliert werden. Bei Bedarf können die turbulenten Flüsse und als eigenständige Felder gemessen werden.

Modellierung der Konzentrationsfelder

Für praktische Anwendungen in der Lufthygiene interessieren im allgemeinen aber nicht die turbulenten Flüsse - diese sind Voraussetzung für den naturgetreuen Transportprozeß - sondern die Konzentrationsfelder, die im Modell direkt gemessen werden können. Bei gleichen Kennzahlen in Modell und Natur gemäß (4) sind die Konzentrationsfelder ebenfalls gleich. Als Umrechnungsvorschrift auf die Natur erhält man mit (4)

(7) ist das Verhältnis der Austrittgeschwindigkeit der Abluft zur Überdachwindgeschwindigkeit und a die Windrichtung. Insbesondere bei Kaminemissionen und Tunnelabluftemissionen ist zu simulieren.

Die Umrechnungsvorschrift (7) kann abhängig vom Quelltyp unterschiedlich dargestellt werden. Das läßt sich am besten in der Anwendung auf einen Straßentunnel dokumentieren. Hier sind die Abluftbeiträge aus dem Tunnelportal mit denen der Linienquelle von der Rampe zu überlagern. Das C*-Feld jeder dieser Quelltypen muß separat modelliert werden. Das Konzentrationsfeld ergibt sich in diesem Fall zu

(8) ist der Quellmassestrom der Schadstoffe in kg/s, AP die Portalfläche in m2die Quellstärke der Schadstoffe von der Straße in kg/(m.s) und B ist die Straßenbreite (Quellbreite) in m.

MODELLGESETZE

Aus (1) bis (3) ergeben sich Modellgesetze, die bei der Modellierung der Ausbreitung zu erfüllen sind. Je nach Problemstellung gibt es Quell- und Senkenterme für Impuls und Energie, die in den originären Gleichungen nicht enthalten sind. Dieses sind z.B. die durch den Verkehr oder durch den Abluftstrahl in das Strömungsfeld eingebrachten Impulsbeiträge. Für eine mathematische Lösung der Gleichungen (1) bis (3) müßten die entsprechenden Terme auf den rechten Seiten der Gleichungen (2) und (3) addiert werden. Es ist schwierig, die exakte mathematische Formulierung für diese Terme abzuleiten. Für Windkanalversuche werden jedoch lediglich die dimensionslosen Kennzahlen dieser Terme benötigt. In der Windkanaltechnologie sind daher weitere Verfahren bekannt, um die charakteristischen Kennzahlen abzuleiten. Eine Möglichkeit ist die Dimensionsanalyse nach dem P-Theorem von Buckingham. Ein weiteres Verfahren ist die axiomatische Relation zweier physikalilscher Größen gleichen Typs. Die Transmissionskennzahl (4) hätte z.B. auch aus der Relation der Verhältnisse von Transmissionsflußdichte und Emissionsflußdichte abgeleitet werden können, in Modell und Natur gleich sein müssen. Für die Modellierung des Straßenverkehrs bzw. des Abluftstrahls müssen die Kennzahlen mit einer der genannten Methoden abgeleitet werden. So erhält man für den Fahrzeugeinfluß unter der Annahme, daß die gesamte vom Verkehr gegen die Atmosphähre erbrachte Leistung in Turbulenzleistung umgesetzt wird die Turbulenzproduktionszahl:

(9) Darin sind die Widerstandsbeiwerte der Fahrzeuge bzw. des Geländes, die Geschwindkeit der Fahrzeuge, die mittlere Fahzeugfläche gegen die Strömung, die Verkehrsdichte in Kfz/m und der Rauhigkeitsparameter in m.

Sie besagt, daß das Verhältnis der Turbulenzproduktion durch den Verkehr und aufgrund der Stadtrauhigkeit in Modell und Natur gleich sein muß. Bei geometrischer Ähnlichkeit müssen die Verhältnisse der Fahrzeuggeschwindigkeit zur Windgeschwindigkeit in Modell und Natur übereinstimmen /5/. Dies gilt analog auch für die durch den Wind bedingte Ablenkung des Abluftstrahls. Es folgt unmittelbar, daß die Verhältnisse in Natur und Modell gleich sein müssen. Hat der Abluftstrahl darüber hinaus gegenüber der Umgebung eine höhere Temperatur (z.B. weil die Kfz im Tunnel Wärme abgeben), so kann der Strahlauftrieb durch eine entsprechende Froudezahl berücksichtigt werden.

(10) sind die Dichte- bzw. Temperaturunterschiede der Abluftstrahlen gegenüber der Umgebungsdichte bzw. -temperatur. Diese Kennzahl besagt, daß das Verhältnis des Strahlauftriebs zum Strahlvortrieb in Natur und Modell gleich sein muß. Gleichung (10) zeigt darüber hinaus die Möglichkeit, einen Temperaturunterschied in der Natur durch einen Gasdichteunterschied im Modell zu simulieren. Der Strahlauftrieb wird mit Helium modelliert, weil nach (10) im Modell ein Temperaturunterschied erzeugt werden müßte, der um den Maßstabsfaktor größer ist als in der Natur. Bei einem Modellmaßstab von 1:300 erforderte ein Temperaturunterschied von 4 °C in der Natur eine Temperatur von 1200 °C im Modell.

Die Einhaltung der Modellgesetze ist nicht immer einfach zu realisieren. Ihre Erfüllung muß i.a. durch Experimente verifiziert werden. Dabei können als Ergebnisse

  1. die Ähnlichkeit in Modell und Natur,
  2. die Unabhängigkeit der Ausbreitung von bestimmten Kennzahlen
  3. oder die Nichtmodellierbarkeit des Problems
nachgewiesen werden.

Ein Beispiel für 1. ist in Bild 1 dargestellt. Hier ist der Nachweis erbracht worden, daß mit Drahtwolle und Lochscheiben Bewuchs unterschiedlicher Winddurchlässigkeit modelliert werden kann. Das Bild 1 zeigt die Reduzierung der Windgeschwindigkeit hinter dem Bewuchs im Modell (oben) und in der Natur (unten). Auf diese Weise ist festgestellt worden, welche Lochscheibenkombination einem vorgegebenen Bewuchs entspricht.

In gleicher Weise müssen sämtliche Einflußparameter auf ihre Ähnlichkeit zur Natur überprüft werden. In der Praxis sind die meisten dieser Einflüsse bereits bekannt und können für Versuche direkt eingestellt werden. Es gibt aber immer wieder Besonderheiten, die eine Überprüfung auf Naturähnlichkeit erfordern. Ein besonders wichtiges Beispiel für 2. ist der Nachweis der Existenz einer kritischen Reynoldszahl im komplexen Terrain.

Die "Geometrischen Ähnlichkeitsgesetze" fordern die naturgetreue Nachbildung des Modells. Die naturgetreue Nachbildung der lokalen Gegebenheiten ist i.a. aber noch nicht hinreichend. Die Windwirbel, die an den Gebäudekanten ablösen, müssen im Modell bezüglich ihrer Größe in der Natur um den Maßstabsfaktor verkleinert werden. Dazu ist im Windkanal eine Mindestgeschwindigkeit einzuhalten, die sich aus der Reynolds-Zahl ergibt. Als sogenannte Gebäudereynolds-Zahl erhält man die Gleichung 5a, wobei UH die Windgeschwindigkeit in Dachhöhe der Gebäude in m/s, und H die Höhe des umströmten Gebäudes in m ist. Sie folgt also aus der Differentialgleichung für den Impulstransport.


Bild 1: Ermitteln der Windreduzierungsfunktionen durch Bewuchs im Windkanal anhand eines Vergleichs von Modell-   und Naturuntersuchungen

Streng genommen muß die Reynolds-Zahl in der Natur und im Modell gleich sein, weil sämtliche Kräfte im Verhältnis zueinander in Modell und Natur gleich sein müssen also auch das Verhältnis Trägheitskraft/Reibungskraft. In sogenannten aerodynamisch rauhen Strömungen ändert sich aber die Struktur der Windwirbel nicht mehr, wenn eine minimale kritische Reynolds-Zahl überschritten wird. In /5/ wurde nachgewiesen, daß für die Modellierung von Schadstoffausbreitungsvorgängen eine kritische Gebäude-Reynoldszahl existiert und bei etwa ReH  =   11.000 liegt. Das bedeutet, daß man bei einer Bebauungsgröße von z.B. 16m wie in den unten vorgestellten Fällen für die Ausbreitungssimulationen im Maßstab 1:300 im Windkanal eine minimale Windgeschwindigkeit von

(11) einhalten muß. Für ReH > 11 000 ist die mit (4) definierte Transmissionsfunktion keine Funktion der Reynoldszahl mehr. Diese Tatsache ermöglicht praktisch erst Windkanalversuche für Ausbreitungsfragen, da man anderenfalls mit unpraktikablen Windgeschwindigkeiten arbeiten müßte. Es zeigt sich darüber hinaus, daß nicht alle Modellgesetze streng erfüllt werden müssen. Die Modellgesetze zeigen aber auch die Grenzen der Modellierbarkeit im Windkanal. Ein wichtiges Beispiel ist der Einfluß der Erdrotation. Die Rossbyzahl kann im Windkanal nicht simuliert werden. Deshalb kann die Abluftausbreitung in Gebieten mit Abmessungen größer als etwa 10 km nicht mehr im Windkanal untersucht werden, ohne größere Fehler in Kauf zu nehmen.

 

Experimentelle Voraussetzungen

Windkanal
Der Grenzschichtwindkanal der Arbeitsgruppe Aerodynamik im Bauwesen an der Ruhr-Universität Bochum hat eine Meßstreckenlänge von etwa 10m, eine variierbare Höhe von 1,6m bis 1,9m und eine Breite von 1,8m (Bild 2).
 

Bild 2: Meßstrecke Grenzschichtwindkanal

Er wird nach der Eiffelbauart betrieben. Das Gebläse wird mit maximal 105 kW angetrieben. Der gesamte Windkanal liegt in einem geschlossenen Raum, in dem die Strömung zirkuliert. Weitere Einzelheiten zum Bochumer Grenzschichtwindkanal sind in /1/ beschrieben.

Im Kanal wird ein Modell der zu untersuchenden Situation aufgebaut. In Bild 2 enthält dieses Modell einen Straßentunnel und die Umgebung im Maßstab 1:300. Das eigentliche Modell ist in der Regel kreisförmig mit einem Durchmesser von 1,7m ausgebildet. Da das globale Windfeld, wie es in der Natur durch das Gelände ensteht, im Windkanal auf der Meßstecke vor dem eigentlichen Modell erzeugt wird, muß nur noch ein kleiner Ausschnitt im unmittelbaren Nahbereich des Portals naturgetreu nachgebildet werden (im Beispiel ca. 500m vom Tunnelportal).

 
Tracer- und Modelltechnik

Die Simulation der Abgasausbreitung erfolgt durch Tracergasexperimente. Bei Linienquellen wie Straßen besteht die Möglichkeit, die Fahrbahnoberfläche der Modellstraße aus einem speziellen porösen Sintermetall zu fertigen. Diese Konstruktion sowie eine geeignete Tracergaszuleitung stellt sicher, daß das Gas mit gleichmäßiger Intensität, impulsfrei, also ohne nenneswerte Eigengeschwindigkeit austritt. Die eigentliche Quelldynamik wird wie in der Natur erst durch den Verkehr selbst erzeugt. Die Modellfahrzege müssen für den gewählten Maßstab von z.B. 1:300 abhängig von der Komplexität der Umgebung mit Geschwindigkeiten zwischen 20 und 80km/h bewegt werden. Diese Technik ist in /5/ beschrieben.

In den Modellen sind an verschiedenen, vom Experimentator frei vorzugebenden Stellen Meßpunkte angeordnet. Die Entnahme des lokalen Tracergasgemisches erfolgt möglichst impulsfrei, um das Strömungsfeld nicht zu stören. Als Tracer wird Schwefelhexaflourid (SF6) verwendet. Der Nachweis erfolgt mit einem Elektronen-Einfang-Detektor (ECD) der Firma Meltron. Der Konzentrationsnachweis ist über 3 Größenordnungen möglich. Für die Modellierung von Geruchsproblemen (z.B. Dieselgeruch) müssen die turbulenten Flüsse gemessen werden, da sowohl die zeitliche Ansprechschwelle der Nase als auch die Dauer der Geruchswahrnehmung für die Beurteilung mit dem richtigen Zeitmaßstab erfaßt werden muß. Da die Windkanalzeit im "Zeitraffer" abläuft, werden die Konzentrationsfluktuationen mit einem schnellen Flammenionisationsdetektor (FID) gemessen. Dieses FID ist von der Firma COMBUSTION in Großbritannien speziell für derartige Probleme entwickelt worden. Als Tracergas dient in diesen Fällen ein Propan / Stickstoffgemisch.

Modelliertechniken

Abgrenzung des modellierbaren Gebietes

Die Größe des modellierbaren Bereiches hängt wegen der festgelegten Abmessungen des Windkanals sehr wesentlich vom Maßstabsfaktor ab. Die Wahl des Modellmaßstabs unterliegt in der Regel einer Reihe von Zwangsbedingungen und ist damit sowohl nach oben als auch nach unten begrenzt. Die obere physikalische Grenze läßt sich kaum noch weiter verschieben, weil sich die maßgeblichen dimensionslosen Grenzschichtparameter nicht in beliebiger Größe simulieren lassen. Insbesondere die Integrallängenmaße der atmosphärischen Grenzschicht sind mit wachsendem Maßstab immer schwieriger einzustellen. Am Grenzschichtwindkanal der Ruhr-Universität Bochum ist ihre Simulation bisher maximal im Maßstab 1:200 (vergl. /5/).

Die physikalisch mögliche untere Grenze ist dagegen sehr niedrig und liegt außerhalb der praktischen Anwendbarkeit. Der Grund liegt darin, daß die großen energiereichen turbulenten Wirbel nicht stabil sind (die Natur strebt immer ein Energieminimum an) und sehr bald in kleinere Wirbel zerfallen. Physikalisch läßt sich nach unten ein beliebiger Maßstab einstellen (geometrische Ähnlichkeit). Technisch ist man aber durch die folgenden Kriterien beschränkt:

  • die kritsiche Reynolds-Zahl (dynamische Ähnlichkeit)
  • die lokale Auflösung des verwendeten Meßsystems, z.B. der Tracergasentnahmesonden.
In /5/ wird gezeigt, daß mit der kritischen Reynolds-Zahl von 11.000 ein Maßstab von minimal 1:315 angestrebt werden muß, um Details bis zu 3m noch hinreichend genau zu modellieren. Da bei Untersuchungen im innerstädtischen Bereich die maßgeblichen Gebäudeabmessungen erheblich größer als 3m sind, ist die Erfüllung der Gebäude-Reynolds-Zahlbedingung im Maßstab 1:300 mit der erreichbaren Strömungsgeschwindigkeit des vorhandenen Windkanals allein kein Problem. Hier ließe sich ein Maßstab von 1:900 noch gut verwirklichen. Die einschränkende Bedingung ist vielmehr das kinematische Ähnlichkeitskriterium für das Verhältnis aus Abluftstrahl und Windgeschwindigkeit. Hier läßt sich die folgende Beziehung abschätzen:

Soll im Tunnelbetrieb eine Abluftgeschwindigkeit von 6m/s bei einer Windgeschwindigkeit von 0,5m/s verwirklicht werden, so ergibt sich ein zu simulierendes Geschwindigkeitsverhältnis

V* = 5 m/s/ (0,5 m/s) = 12 (12) Mit Gl. 11 ist gezeigt worden, daß zur Erfüllung der Reynolds-Zahlbedingung im Windkanal eine Überdachgeschwindigkeit von mindestens 3,1m/s eingestellt werden muß. Da das Verhältnis V* eine dimensionslose Ähnlichkeitsvariable ist, muß dieses in der Natur und im Modell gleich sein (kinematisches Ähnlichkeitskriterium). Damit erhält man als noch zu modellierende Abluftstrahlgeschwindigkeit im Modell Vo,Modell = UModell . V* = 3,1 m/s · 12 = 37,2m/s (13) Um diese Bedingung bequem erfüllen zu können und um beispielsweise auch noch höhere Abluftstrahlgeschwindigkeiten in der Natur berücksichtigen zu können, muß eine Abluftstrahlgeschwindigkeit von etwa 40m/s angestrebt werden. Diese Strömungsgeschwindigkeit und deren Regelung erfordert bereits einen erheblichen Aufwand. Eine Verkleinerung des Maßstabes, um ein größeres Gebiet modellieren zu können, ist also unpraktikabel, da die erforderliche Strömungsgeschwindigkeit in gleichem Maße erhöht werden muß, wie der Maßstab verkleinert wird. Die Modellierung eines größeren Bereiches kann deshalb nur durch größere Modelle realisiert werden. Der Einbau einer größeren Drehplatte ist unmöglich, so daß in den hier vorgestellten Untersuchungen eine spezielle Technik angewendet wurde, bei der die nicht symmetrische Ausbreitung des Abluftstrahls ausgenutzt wird.

In Mitwindrichtung ist mit einem größeren Ausbreitungsweg zu rechnen als in den Gegen- oder Seitenwindrichtungen. Man kann deshalb den Ausbreitungsweg in einem 1. Schritt verlängern, indem man die Portalöffnung exzentrisch auf die Drehplatte baut. Damit verlängert man für fast alle Windrichtungen das Ausbreitungsgebiet (Mit- und Seitenwinde). Ausschließlich in den Gegenwindrichtungen wird das Ausbreitungsgebiet verkürzt. Anhand von Rauchversuchen, die in den Voruntersuchungen u.a. auch zur Abgrenzung des Untersuchungsgebietes durchgeführt wurden, konnte nachgewiesen werden, daß der Abluftstrahl in den Gegenwindrichtungen umgestülpt und auf kürzester Strecke in Höhen bis über 50m verdünnt wird. Das führt dazu, daß in diesen Richtungen die Bodenbelastungen sehr rasch abklingen und ein solch weites Ausbreitungsfeld wie in den Mitwindrichtungen hier nicht erforderlich ist. Eine weitere Vergrößerung des modellierbaren Gebietes ist in einem 2. Schritt über eine virtuelle Vergrößerung der Drehscheibe erreicht worden. Dabei wird das naturgetreue Modell so gebaut, als wenn der Windkanal eine wesentlich größere Breite hätte. Die Platte mit dem Durchmesser von 1,7m ist nach wie vor drehbar gelagert. Mit jeder notwendigen Drehung des Modells läßt man einen Ringsektor mitwandern. In Richtung der Windkanalachse kann man das Modell damit wesentlich vergrößern. Auch hier macht man sich die Tatsache zunutze, daß sich der Abluftstrahl hauptsächlich in Mitwindrichtung ausbreitet und der Platzbedarf quer zum Wind nicht so groß ist. Bei einer Drehung des Modells werden die Gebäude des Ringsektors, der aus den Meßbereich herausgewandert, abgebaut und Gebäude, die in den Modellbereich hineinwandern, aufgebaut. Auf diese Weise konnte das Untersuchungsgebiet effektiv vergrößert werden. Der Auswirkungsbereich des Tunnels ist damit gut erfaßt worden. Insgesamt konnte auf diese Weise ein Ausbreitungsgebiet abgegrenzt werden, das einem Radius von etwa 500m (in Mitwindrichtung sogar mehr) um das Portal herum entspricht. Ein Nachteil dieser Modellierungsmethode ist der sehr erhebliche Umbauaufwand, der bei jeder Einstellung einer neuen Windrichtung erforderlich wird.

Modellbau

Tunnelmodelle

Für die Untersuchung von innerstädtischen Straßentunneln müssen i.a. aufgrund des eingeschränkten Modellmaßstabs für die beiden Portalbereiche getrennte Modelle gebaut werden. Die Ausschnittsbereiche wurden jeweils so gewählt, daß sich das Portal etwa im 1. Drittel der Kreisscheibe befindet. Diese Position ist sowohl aus modellbautechnischer als auch meßtechnischer Sicht sinnvoll.

Die Nachbildung der Tunnelportale ist nicht problemlos. Durch das Ausfahrtportal wird der Abluftstrahl ausgeblasen und durch das Einfahrportal eine entsprechende Luftmenge, die in der Natur durch die Kolbenwirkung der Fahrzeuge mitgerissen wird, angesogen. Die Röhren bis zum Portal müssen eine hinreichende Länge haben, um hier keine Aufwärtsströmung durch die Zuleitung zu erzeugen. Die ideale Einleitung der Luft in die Tunnelröhre wäre eine Tangentialeinleitung. Man ist hier mit den vorgegebenen Möglichkeiten natürlich beschränkt. Die Zuleitung muß daher so weit wie möglich zum Modellrand gelegt werden und möglichst flach verlaufen. Man kann aus den genannten Gründen mit dem Portal auch nicht ganz zum Modellrand. Die Grenze des 1. Drittels der Kreisscheibe ist bereits die äußerste Position zum Modellrand. Man ist hinsichtlich der Lage des Portals also weitestgehend eingeschränkt. Beispiele für derartige Tunnelmodelle werden unten mit Auszügen aus den Untersuchungen zur Tieflegung der Rheinuferstraße in Düssekdorf" bzw.  mit der geplanten Teilabdeckung der Stadtautobahn A 40 im Bereich Hobeisenstraße vorgestellt.

Geländemodelle

Die Modellierung eines stark reliefierten Geländes mit Höhenunterschieden von mehr als 100 m ist mit einem Maßstab von 1:300 nicht mehr hinreichend zu realisieren, weil die maßgebliche horizontale Geländeentwicklung dann in der Regel deutlich über 1 km liegt. In diesen Fällen ist es erheblich, daß die wesentlichen Höhenzüge und Talschneisen im Modell enthalten sind, weil diese in erster Linie das Ausbreitungsverhalten bestimmen. Insbesondere können sich im Lee einer Erhebung Strömungsablösezonen ausbilden.

Wenn die Ausbreitung in einem derartigen Gelände zu untersuchen ist, kann man leicht zu einem kleineren Maßstab, z.B. 1:500, übergehen. Die im wesentlichen einschränkende Bedingung ist die verkehrsinduzierte Turbulenz. In einem stark gegliederten Gelände verliert diese aber weitestgehend an Bedeutung, weil die Turbulenzproduktion vornehmlich durch das Gelände geprägt wird. Bei der Modellfertigung ist aber darauf zu achten, daß an den Höhen keine Reynoldszahlen-abhängige Strömung entsteht. Geländemodelle sollten daher in Stufen angefertigt werden, die ein vorzeitiges Ablösen der Strömung vermeiden.

Straßentunnelmodelle kleinen Maßstabs in stark gegliederten Gelände lassen sich nur mit ganz erheblichem Aufwand über sämtliche Ausblasverhältnisse modellieren, wenn das Portal in unmittelbarer Nähe von Gebäuden mit mittlerer Bebauungshöhe liegt. Ist Bebauung nur mittelbar betroffen, ist die Modellierung trotz kleineren Maßstabs sogar mit geringerem Aufwand möglich, weil die Reynoldszahl dann durch die umgebenden Höhen bestimmt wird. Reynoldszahlenunabhängigkeit erhält man dann schon für Windgeschwindigkeiten von etwa 1 m/s. Ein derartiger Fall wird unten mit der Untersuchung für das Regierungspräsidium Stuttgart zur B 14n vorgestellt.

Tracertechnik

Für die Tracermessungen in den Modellen werden i.a. rasterartig Meßpunkte vorgegeben, so daß praktisch jeder Ort im Modell analysiert werden kann. 19 dieser Meßstellen sind gleichzeitig ansteuerbar, die der Experimentator jeweils frei wählen kann. Sie bestehen aus feinen Meßröhrchen (Außendurchmesser 1,5mm, Innendurchmesser 1mm). Durch diese wird die Luft angesaugt und die Konzentration des darin enthaltenen Meßgases analysiert. Eine 20. Meßstelle sammelt jeweils eine Probe der Umgebungsluft, da die sich ansammelnde Konzentration im Raum vom Meßergebnis abgezogen werden muß (vergl. auch /5/). Als Meßgas dient ein zertifiziertes SF6-Luft-Gemisch, das für die Messungen zur Linienquelle i.a. 1000 vpm SF6 in Stickstoff enthält und als festes Gemisch angeliefert wird.

Der Nachweis der Tracergaskonzentrationen erfolgt mit einem ECD (Elektronen-Einfang-Detektor) des Fabrikats Meltron. Die SF6-Tracer Methode hat sich besonders deshalb bewährt, weil man im günstigsten Fall Konzentrationen bis zu 10-6 ppm nachweisen kann. Das Meltron-Gerät hat 6 Meßbereiche, von denen jeder über einen Verstärker von 0-10 Volt betrieben werden kann. Die unteren 3 Bereiche verschwinden mit zunehmender Meßdauer aber im Grundkonzentrationsrauschen, so daß effektiv 3 Meßbereiche zur Verfügung stehen. Aber auch damit können noch höchste Verdünnungsraten der Quellkonzentrationen nachgewiesen werden.

Modellieren der Quellen

In den später vorgestellten Untersuchungen mußten aufgrund der unterschiedlichen Quelltypen bzw. aufgrund der verschiedenen Situationen mehrere Modelliertechniken angewandt werden. Der Einfluß einer jeden Quelle ist separat zu untersuchen, um in der späteren Übertragung auf die Natur die unterschiedlichen Betriebsbedingungen der Quellen berücksichtigen zu können. Grundsätzlich ist aber auch der Einsatz einer Mehrtracertechnik möglich (für jeden Quelltyp werden unterschiedliche Tracer verwendet). Man kann dann simultan verschiedene Quelltypen untersuchen.

Die Quelltypen sind entsprechend ihrer Emissionsdynamik zu unterscheiden. In der vorliegenden Untersuchung gilt folgende Typisierung:

  • Portal = dynamische Punktquelle
  • Straße = passive Linienquelle.
Die Dynamik der Portalquelle ergibt sich daraus, daß auch in der Natur die Abluft mit einem Anfangsimpuls ausgeblasen wird. Die Linienquelle hat als solche keine Eigendynamik. Zwar blasen die Fahrzeuge in der Natur heiße Abgase aus, diese gelangen aber in den Hecksog des emittierenden Fahrzeugs. Dort werden sie sehr schnell mit der kalten Umgebungsluft vermischt, so daß aus der Temperatur der Abgase keine Quelldynamik resultiert. Die eigentliche Dynamik dieser Quelle - die Verwirbelung der Abgase durch den Verkehr - muß im Modellversuch mit nachgebildet werden.

Im Modellversuch darf die Linienquelle selbst keine Eingendynamik aufweisen. Um die Straße als linienförmige Emissionsquelle nachbilden zu können, wird die Fahrbahnoberfläche z.B. aus einem speziellen porösen Sintermetall ausgebildet. Durch die Fertigung dieses Metalls sowie durch eine geeignete Tracergasleitung ist sichergestellt, daß auf einer Streckenlänge von 1,60m das Gas mit gleichmäßiger Intensität austritt. Der Durchfluß des Tracergemisches muß so gering sein, daß das Gas praktisch impulsfrei, d. h. ohne nennenswerte Eigengeschwindigkeit austritt. Dies ist notwendig, da die Tracergaswolke sonst einen nicht natürlichen Ausbreitungsweg nehmen würde.

Die Modellierung der Portalabluftquellen ist die komplexeste Aufgabe der Windkanaluntersuchungen. In die Portalluft der Ausblasseite wurde jeweils eine definierte Menge SF6 injiziert. Diese Seite ist die zu modellierende Quelle. Die andere Röhre dient zur Simulation der gegenseitigen Beeinflussung der einzelnen Luftströmungen. Für die Versuche sind die Ausblasseite und die Ansaugseite des Tunnels mit gleicher Strömungsgeschwindigkeit betrieben worden, weil die Verkehrsbelastungen in beiden Röhren jeweils gleich groß waren. Die Ausblasröhre des Tunnels, die als Quellröhre verwendet wurde, mußte unabhängig von der Ansaugröhre des selben Tunnels betrieben werden, damit - beispielsweise durch Strömungskurzschluß - keine unkontrollierbaren Tracergasanteile in die Ausblasluft gelangen. Aus diesem Grund war jeweils eine Pumpe für die Ansaugröhre und eine für die Ausblasröhre dieses Tunnels vorzusehen. Um die Portalkonzentrationen hinreichend genau bestimmen zu können, mußte von einer Mischung reiner Luft mit reinem SF6 ausgegangen werden. Zur Bestimmung der Geschwindigkeit mit der die Luft aus das Portal ausströmt, ist in die entsprechende Tunnelröhre ein Miniaturschalenkreuzanemometer eingebaut worden. Ein Anemometer gleichen Typs befindet sich in der anderen Portalröhre (Ansaugseite). Vor Beginn der Messungen wurden die Anemometer im eingebauten Zustand mit Hilfe von Hitzdrahtanemometern kalibriert und danach deren Position nicht mehr verändert. Die Kalibrierung war erforderlich, da die Schalenkreuzanemometer vom Hersteller für eine freie Anströmung eingestellt worden sind. Im vorliegenden Anwendungsfall muß die Strömungsgeschwindigkeit einer Rohrströmung gemessen werden, wobei sich der Querschnitt im Rohr ändert.

Wie oben bereits erwähnt, ist die Simulation eines Abluftstrahls mit der geforderten Geschwindigkeit, der darüber hinaus auch noch regelbar sein muß, nicht unproblematisch. Zur Realisierung der angegebenen Ausblasverhältnisse (Ausblasverhältnis=Tunnelluftgeschwindigkeit/Windgeschwindigkeit) werden zwei spezielle Hochleistungsseitenkanalverdichter eingesetzt und simultan betrieben. Für die Untersuchungen zum Rheinufertunnel in Düsseldorf mußte noch ein weiterer Tunnel berücksichtigt werden. Im Anschluß an das Südportal wird die Völklinger Straße (Rheinuferstraße) etwa 180 m frei geführt und gelangt anschließend in die Unterführung Gladbacher Straße. Modelltechnisch mußte die Unterführung Gladbacher Straße mit einem dritten Seitenkanalverdichter simuliert werden, weil die Strömung des Ausfahrtportals die Hauptströmung vom Rheinufertunnel überlagert.

Aus den o.g. Ähnlichkeitsgründen wird eine Luftströmung im Tunnel des Modells von 5m/s nicht unterschritten. Mit der erreichbaren Überdachwindgeschwindigkeit von 11m/s ist die Simulation eines unteren Ausblasverhältnisses von V*=0,5 möglich. Der Abluftstrahl muß dabei einen Turbulenzgrad zwischen 10% und 12% aufweisen, damit er sich wie in der Natur aufweitet. Um geringe Konzentrationen mit hinreichender Genauigkeit nachzuweisen, kann bei diesen Untersuchungen kein Gas mit konstantem Mischungsverhältnis verwendet werden. Mit steigendem Ausblasverhältnis zwischen 0 und 12 muß i.a. der SF6 -Anteil erhöht werden. Die Tracergaszugabe wurde über ein elektronisches Dosiersystem des Fabrikats MKS 259 kontrolliert. Das Meßverfahren beruht auf Wärmeleitfähigkeitsmessungen des strömenden Gases und hat eine höhere Genauigkeit als 1%. Es konnten Durchflußmengen in den Bereichen von 0-20cm3/min und 0-500cm3/min eingestellt werden. Das SF6 wird vor der Quelle in den Versorgungsschlauch geleitet. Aus den bekannten Flüssen Luft und SF6 kann die Portalkonzentration bestimmt werden. Da für die Ergebnisse zur Umrechnung auf die Natur nur Konzentrationsverhältnisse interessieren, ist die Zugabe von Tracern so gewählt worden, daß an den Meßstellen ein deutliches Meßsignal vorliegt. Für quellnahe Meßstellen einerseits und quellferne Meßstellen andererseits mußte die Tracerzugabe variiert werden, um das Analysegerät nicht zu übersteuern bzw. um an den quellfernen Meßstellen ein Signal über dem Grundkonzentrationsniveau zu erhalten.

Rauchtracerversuche

Vor Beginn der quantitativen Konzentrationsmessungen werden die Strömungsverhältnisse mit Hilfe eines Rauchtracers sichtbar gemacht. Dazu werden aus einem modifizierten Nebelgenerator Wasser-Glycerin-Dampf durch das Tunnelportal emittiert. Für 2dimensionale Strömungsinformationen kann die Strömung mit Hilfe einer speziellen Lichtschnittechnik sichtbar gemacht werden. Der Strahl eines Argon-Ionen Lasers wird in ein dünnes Lichtband aufgefächert, das über einen Bereich von etwa 50 cm im Modell verschoben werden kann. Die Rauchtracerversuche liefern ein qualitatives Bild über den Einflußbereich der jeweiligen Quelle. Ergebnisse aus diesen Versuchen finden bei der Festlegung der Konzentrationsmeßstellen Berücksichtigung. Derartige Versuche sind erforderlich, um erste Vorstellungen über das Ausbreitungsverhalten der Abluft im Untersuchungsgebiet zu bekommen. Sie liefern Informationen über:

  • immissionsrelevante Orte der Meßstellen für spätere Tracermessungen (Auswahl kritischer Bereiche und Höhen),
  • gegenseitige Beeinflussung von Ab- und Zuluftstrahl (Strömungskurzschluß),
  • kritische Windrichtungen und Ausblasverhältnisse,
  • besondere Strömungsverhältnisse für die spätere Interpretation der Meßergebnisse.
Abhängig vom eingestellten Abluftausblasverhältnis oder der eingestellten Windrichtung sind jeweils unterschiedliche Bereiche des Untersuchungsgebietes betroffen. Ein endgültiger Meßstellenbelegungsplan wird in enger Anlehnung an Ergebnisse von Rauchtracerversuchen festgelegt.

Modellierung der verkehrsbedingten Turbulenz

Im Straßennahbereich ist die effektivste Turbulenzproduktionsquelle der Verkehr selbst. Die durch den Verkehr erzeugte Anfangsdiffusität bestimmt im wesentlichen auch das Ausbreitungsverhalten und damit die quantitativen Ergebnisse im Quellenumfeld. Der tatsächliche Einfluß der verkehrserzeugten Turbulenz hängt u.a. auch von der Umgebungsbebauung ab und läßt sich nicht vorhersagen. Es ist daher in /5/ eine Methode entwickelt worden, die den dynamischen Einfluß des Verkehrs ensprechend nachbildet.

An einem Band werden flache Plättchen befestigt, die im gegebenen Maßstab den Querschnitt der Modellfahrzeuge nachbilden. Dieses Band wird an den Modellenden über je 2 Rollen umgelenkt und unter dem Fahrkanal zurückgeführt. Jeweils eine dieser Rollen wird mit einem Elektromotor angetrieben. Beide Fahrspuren sind getrennt regelbar. Die einzustellende Verkehrsgeschwindigkeit muß in Vorversuchen ermittelt werden und hängt außer von den Widerstandsflächen CW· F (Widerstandsbeiwert mal größte Fahrzeugfläche) auch von der Stadtrauhigkeit CU (U für Umgebung) der Umgebung ab. Ergebnisse derartiger Vorversuche werden in /5/ ausführlich vorgestellt. Dort ist nachgewiesen worden, daß in einer Reynoldszahlen - unabhängigen Strömung oberhalb einer kritischen Modellfahrzeuggeschwindigkeit die Transmissionsfunktion nicht mehr signifikant von der Fahrzeuggeschwindigkeit abhängt. Die sich dann einstellenden Funktionswerte sind als die Werte bei Normalverkehr festgestellt worden. Um diese Unabhängigkeit zu erzielen, war unter den damaligen Ausbreitungsbedingungen eine Fahrzeuggeschwindigkeit im Modell von 80 km/h erforderlich.

Im Rahmen der Untersuchungen zur Abdeckung der A40 sind für den Prognose-Null-Fall, d.h., heutige Situation ohne Tunnel, die erforderlichen kritischen Fahrzeuggeschwindigkeiten ermittelt worden. Das Bild 3 zeigt für Meßstellen, die unmittelbar am Einschnittrand liegen - das sind die Stellen, bei denen der Verkehr den größten Einfluß hat - die Transmissionsfunktionen in Abhängigkeit von der Modellfahrzeuggeschwindigkeit. Im Gegensatz zu den Untersuchungen in /5/ stellt sich hier für komplexere Randbedingungen die gesuchte Unabhängigkeit bereits für Modellfahrzeuggeschwindigkeiten von höchstens 15 km/h ein. Die tatsächlich kritische Fahrzeuggeschwindigkeit wird etwa zwischen 10 und 15km/h liegen. Die Modellbedingungen im vorliegenden komplexen Fall sind also wesentlich einfacher zu erfüllen, als in den einfachen Situationen gem. /5/. Für die folgenden Versuche sind zur Simulation des Verkehrs die Modellfahrzeuggeschwindigkeiten auf etwa 22 km/h eingestellt worden. Es war davon auszugehen, daß man für sämtliche Meßstellen und Windrichtungen sicher über der kritischen Fahrzeuggeschwindigkeit lag.

    Bild 3: Einfluß der Fahrzeuggeschwindigkeit
In der gleichen Weise wird vor jedem Windkanalversuch vor Beginn der eigentlichen Versuche die kritische Modellfahrzeuggeschwindigkeit für das entsprechende Gebiet ermittelt. Im Modellversuch Düsseldorf ist z.B. nur unmittelbar neben der Trasse noch eine leichte Abhängigkeit vom Verkehrsfluß festgestellt worden.

Anders stellte sich die Situation bei den Untersuchungen zur B14n dar. Hierbei handelte es sich um eine neugeplante Brücke, die sich über das Nesenbachtal in Stuttgart erstrecken soll. Wie bereits oben erwähnt, handelt es sich bei diesem Untersuchungsgebiet um ein stark strukturiertes Gelände, so daß ein Gebiet modelliert werden mußte, das sich über 2 km erstreckt. Der Modellmaßstab wurde daher zu 1:500 gewählt. Das Modell ließ sich aber dennoch nicht auf ein Drehmodell anordnen. Die Fahrzeugbewegung war hier in der oben geschilderten Weise nicht modellierbar. Die Anfangsdiffusität der Quelle wurde hier durch eine spezielle Quellkonfiguration erreicht. Die Homogenität der Quelle war sehr genau durch eine entsprechende symmetrisierte Tracergaszuführung gewährleistet. Für die Realisierung der Anfangsdiffusität der Quelle wurde der austretende Tracerstrom an der Quelloberfläche durch ein stolperleistenähnliches Hindernis verwirbelt. Davon abgesehen, dürfte an den interessierenden Aufpunkten in dem hier vorliegenden Untersuchungsgebiet der Einfluß der verkehrsinduzierten Turbulenz keine Rolle mehr spielen. Da die hier verwendete Technik aber wesentlich einfacher zu realisieren ist, als die herkömmlich von uns verwendete, wäre ein Vergleich dieser beiden Verfahren anhand definierter Versuchsbedingungen interessant.

 

Meßkonzept

Die eigentlichen Ausbreitungsexperimente mußten für jede Quelle separat vorgenommen werden, weil sonst ein eindeutiger Quellbezug nicht mehr ableitbar wäre. Der Quellbezug ist jedoch erforderlich, denn nur damit ist die Umrechnung der dimensionslosen Transmissionsparameter in Konzentrationen möglich. Erst in der Immissionssimulation können die entnormierten Beiträge der einzelnen Quellen wieder überlagert werden.

Auf der Grundlage von vorliegenden Rauchtracerversuchsergebnisse wird für jeden Quelltyp ein eigener Meßplan entwickelt. Die Meßstellenbelegung ist für jede Windrichtung und für jeden Quelltyp neu festzulegen. Immer dann, wenn der Abluftstrahl ein besonders großes, immissionsrelevantes Gebiet überstreicht, werden für einzelne Windrichtungen auch bei gleichem Quelltyp Meßstellenumbelegungen vorgenommen. Damit ist eine umfangreiche Erfassung des gesamten Untersuchungsgebietes möglich, ohne daß jede Meßstelle für jede Windrichtung explizit belegt werden muß. Die Erfassung eines größeren Gebietes in mehreren Meßläufen bei sonst gleichen Ausbreitungsbedingungen ist in der Regel allein schon deshalb erforderlich, weil i.a. quellnahe, direkt im Abluftstrahl liegende Meßpunkte mit untersucht werden müssen. Diese verschiedenen Fälle konnten wegen der oben geschilderten Gründe nicht mit der gleichen Quellkonzentration untersucht werden.

Der Abluftstrahl überstreicht für jede eingestellte Windrichtung ein ganz bestimmtes Gebiet. Zwar ist dieses Gebiet nicht so deutlich einzugrenzen wie z.B. bei einer verhältnismäßig ungestörten Ausbreitung. Anhand der Rauchversuche ließen sich aber die Grenzen der Ausbreitungsgebiete jeweils hinreichend gut abschätzen. Die jeweilige Meßstellenauswahl soll gewährleisten, daß Messungen mit Nullkonzentrationen möglichst selten sind. Eine Meßstelle, über die man Informationen für sämtliche Windrichtungen sammeln möchte, muß nicht notwendigerweise für alle Windrichtungen belegt sein. Bei bestimmten Windrichtungen kann mit einiger Sicherheit z.B. vorhergesagt werden, daß eine Messung Null ergeben würde. Es wäre dann nicht zweckmäßig, diese Meßstelle für diese Windrichtungen zu belegen, sondern die Probenahmestelle stattdessen an ein anderes Meßröhrchen anzuschließen. Mit jeder Drehung des Modells erhält man also ein aktives Feld, das repräsentativ mit Meßstellen ausgelegt wird. Dabei ist es wichtig, auch die Randbereiche des Ausbreitungsgebietes meßtechnisch zu erfassen. Zeigt z.B. eine Meßstelle in einem vermeintlichen Randgebiet statt der erwarteten niedrigen Konzentration noch hohe Werte, so muß diese Meßstelle nach einer Modelldrehung weiter belegt bleiben. In vielen Fällen ist eine weitere Messung bei gleichen Modelleinstellungen aber anderen Meßstellenbelegungen erforderlich. Damit wird gewährleistet, daß nicht Werte zu Null gesetzt werden, die sich noch im relevanten Ausbreitungsgebiet befinden. Das relevante Ausbreitungsgebiet wandert mit jeder Modelldrehung. Dementsprechend werden die Meßstellen umbelegt. Man erhält damit eine Informationsbasis, die wesentlich höher ist als mit dem Konzept stationärer, fest vorgegebener Meßstellen. Obwohl der Aufwand bei einem dynamischen Meßgebiet wesentlich höher ist als bei einem stationären, resultiert ein überproportional hoher Informationsgewinn im Vergleich zum Mehraufwand. Insbesondere konnten mit der Methode des dynamischen Meßfeldes sämtliche möglichen Konfliktbereiche in den Untersuchungsgebieten meßtechnisch abgedeckt werden.

Ausbreitungssimulationen

Portalabluft

Die Untersuchungen zur Portalabluftausbreitung sind quantitativ und qualitativ die anspruchvollsten Messungen. Für die Untersuchung zur A40 waren das Ost- und Westportal und für die Tieflegung der Rheinuferstraße das Nord- und Südportal zu untersuchen. Beim Rheinufertunnel kam darüber hinaus noch das Nordportal der Unterführung Gladbacher Straße hinzu.

Untersuchungstechnisch unterscheiden sich die jeweiligen Portale - in der Regel sogar bei den unterschiedlichen Portalen des selben Tunnels - und müssen jeweils im gleichen Umfang abgehandelt werden. Die Ausbreitung des Abluftstrahls hängt wesentlich vom eingestellten Ausblasverhältnis und von der relativen Richtung des Windes zum Abluftstrahl ab. Bei parallelem Wind in Ausbreitungsrichtung der Abluft bleibt der Strahl zunächst verhältnismäßig kompakt. Die Abnahme der Konzentration im Strahl erfolgt in erster Linie durch die Strahlturbulenz (die Fahrzeugwirkung mit berücksichtigt). Bei Gegenwind verliert die Abluftfahne sehr schnell ihren Impuls und wird vollständig umgestülpt. Je nach der Bebauungssituation im Umfeld wird der Strahl mehr oder weniger stark aufgeweitet. Die Konzentrationen nehmen in dieser Richtung rasch niedrige Werte an.

Anhand von Einzelsituationen kann aber noch keine Immissionsbewertung vorgenommen werden. Diese lassen sich eher dazu heranziehen, Immissionsschutzmaßnahmen so zu konzipieren, daß sie möglichst effektiv sind. Bei genauer Kenntnis des Ausbreitungsfeldes lassen sich besonders hohe Belastungssituationen gezielt abbauen. Die eigentliche Beurteilung erfolgt auf der Grundlage von statistischen Kenngrößen, für die es auch Beurteilungswerte gibt. Ein Windkanalmeßplan muß daher so gestaltet werden, daß die Berechnung der maßgeblichen Kenngrößen möglich ist. In Bild 4 ist daher veranschaulicht worden, wie die Windkanalmessungen in Immissionsverteilungen umgerechnet werden. Die Darstellung beschränkt sich auf den Simulationsweg für die Berechnung der Portalbeiträge. Die Ermittlung der Linienquellenbeiträge verläuft analog, ist aber wesentlich einfacher, da die Dimension der Quelldynamik hier nicht zu berücksichtigen ist.

Die Immissionssimulation baut sich im wesentlichen auf drei Blöcken auf. In Bild 4 enthält der mittlere Block die eigentlichen Windkanalmessungen. Dieser Block stellt die Transmissionsfunktionen für einen einzigen Aufpunkt dar. Sie besteht jeweils aus zwei Matrizen - entsprechend für Normalverkehr und für Stop-and-go -. Jede Matrix enthält in den Zeilen die Funkionswerte für unterschiedliche Windrichtungen und in den Spalten die Abhängigkeit vom Ausblasverhältnis.
 

Auswahlkriterien
 
 

Bild 4: Immissionssimulation auf der Basis von Windkanalmessungen

Beispiele für Windkanalanwendungen in Fragen der Luftreinhaltung. Genau genommen müßten die Matrizen noch eine dritte Dimension erhalten, die den Strahlauftrieb aufgrund von Abluftstrahlübertemperaturen beschreibt. Ein derartiges Meßprogramm wäre aber so umfangreich, daß es praktisch undurchführbar ist. Auch müßten dazu die Naturvorgaben einer Abluftstrahltemperaturzeitreihe bekannt sein. Das gibt es praktisch nicht, so daß man sich hinsichtlich des Abluftstrahlauftriebs darauf beschränkt, nachzuweisen, daß die Aussage ohne Berücksichtigung des Auftriebs konservativ ist, was im allgemeinen der Fall ist. Es ist aber durchaus möglich, daß einzelne Punkte aufgrund des Auftriebs auch höher durch Schadstoffe befrachtet werden. Man wird sich dann darauf beschränken, für diese Aufpunkte einen Sicherheitszuschlag abzuleiten. Es ist aber eher davon auszugehen, daß selbst an Aufpunkten, die im Einzelfall Konzentrationserhöhungen zeigen, statistisch die Auswirkungen nur marginal sind. Ein Beispiel dazu wird unten vorgestellt.

Auch ohne Berücksichtigung des Abluftstrahlauftriebs können die Matrizen nicht vollständig durch Windkanalmessungen gefüllt werden. Vielmehr ist ein geeigneter Meßplan so abzuleiten, daß anschließend numerische Interpolationsmöglichkeiten bestehen.

Der erste Block in Bild 4 enthält die Naturvorgaben als Auswahlkriterium, der dritte Block stellt die Verknüpfung der Naturvorgaben mit der Transmissionsfunktion aus den Windkanalmessungen dar. Der erste Block enthält im wesentlichen zwei Auswahlmerkmale. Jede der drei Matrizen enthält für eine vorgesehene 10-Jahres-Simulation etwa 88.000 Elemente, wenn auf der Basis von Stundenmittelwerten simuliert wird. Das erste Auswahlkriterium ist zunächst die Windrichtung, mit der die Zeile der Transmissionsmatrix bestimmt wird. Zuvor muß aber eine Koordinatentransformation vorgenommen werden, die aus der Windrichtung a und der Neigung zur Straßenachse zum Norden (Q) den entsprechend auszuwählenden Funktionswert zum Modellwinkel f bestimmt. F ist dabei jeweils in 10° - Schritten in der Funktionsmatrix enthalten.

Mit dem zweiten Auswahlkriterium wird der Spaltenwert der Funktionsmatrix bestimmt. Dazu muß zunächst die Abluftstrahlströmungsgeschwindigkeit - abhängig von den Verkehrsbedingungen, den aerodynamischen Beiwerken des Tunnels und der Fahrzeuge sowie den Lüftungsbedingungen und den Winddrucken auf die Portale - ebenfalls als 10-Jahres-Zeitreihe bestimmt werden. Die Verknüpfung dieser Matrix mit der Windgeschwindigkeitsmatrix ergibt eine Abluftstrahlausblasverhältnismatrix, die das Ausblasverhältnis darstellt. Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Funktionsmatrizen "Normalverkehr" und "stop and go" erfolgt abhängig vom Verkehrszustand durch ein logisches Oder.

Im dritten Block werden die aus den Verkehrs- und Emissionsbedingungen berechneten Schadstoffquellstärken, die ebenfalls im Vorfeld als Zeitreihe ermittelt worden sind, und die Windgeschwindigkeiten mit dem jeweils selektierten Transmissionsfunktionswert ensprechend der Gleichung (7) verknüpft. Als Ergebnis erhält man eine Konzentrationsmatrix, die die gleiche Größe wie die Windmatrix hat. Durch statistische Auswertung können aus dieser Matrix die erforderlichen Kenngrößen für die Beurteilung berechnet werden.

Beispiele für Windkanalmessungen in Fragen der Luftreinhaltung

Am Grenzschichtwindkanal der Arbeitsgruppe Aerodynamik im Bauwesen an der Ruhr-Universität Bochum werden bereits seit 1980 Ausbreitungsmessungen durchgeführt. Seit 1985 dienen hier in Zusammenarbeit mit dem Büro INFU-TECHNIK Windkanalmessungen als Grundlage für Immissionsprognosen. Die im folgenden vorgestellten Ergebnisse geben daher nur einen Ausschnitt aus dem Anwendungsspektrum wiedergeben. Auf die Gegenüberstellung von Windkanal- und Feldmessungen kann an dieser Stelle verzichtet werden. In /4/ und /1/, konnte gezeigt werden, daß die Übereinstimmung von Windkanalmessungen mit Feldversuchen im allgemeinen sehr gut ist. /1/ /5/ und /6/ berichten ausführlich über Untersuchungen zum Einfluß von Lärmschutzwänden und Anpflanzungen auf die Abgasausbreitung an Autobahnen. Die Ergebnisse sind u.a. bereits in das MLuS-92 /7/ eingeflossen. In /4/ wird berichtet, wie auf der Grundlage von Windkanalmessungen Immissionsprognosen für Straßen explizit durchgeführt werden. An dieser Stelle werden daher insbesondere Anwendungen zu Straßentunneln und eine Ausbreitungssituation in stark topografisch gegliedertem Gelände sowie deren Ergebnisse im innerstädtischen Bereich vorgestellt.

Rheinufertunnel Düsseldorf

Typische Anwendungen für Windkanluntersuchungen sind innerstädtische Straßentunnel. Unter dem Einfluß komplexer Bebauungsstrukturen gibt es keine andere Methode, die Ausbreitung der Abluft mit hinreichender Genauigkeit zu erfassen. 1988/89 sowie 1992/92 sind umfangreiche Windkanaluntersuchungen zum seinerzeit noch in Plan befindlichen Rheinufertunnel in Düsseldorf durchgeführt worden. Der Tunnel hat eine Gesamtlänge von etwa 2 km und emittiert aus den Portalen Abluft mit hoher Konzentration in das Umfeld. Das Bild 2 zeigt das Modell im Bereich des Nordportals - die Düsseldorfer Altstadt.
Für das Nord- und Südportal mußten jeweils separate Windkanalmodelle gebaut werden. Auf der Grundlage der Messungen im Windkanal sind 1989 vom TÜV-Rheinland anhand von Computersimulationen die 10Jahresverteilungen der Immissionen berechnet worden. Aus diesen Immissionsverteilungen können die statistischen Beurteilungsgrößen wie Jahresmittelwert und 98-Perzentil abgeleitet werden vgl. /4/. Gegenstand der genannten Untersuchungen u.a. war die Gegenüberstellung von 2 verschiedenen Entlüftungsvarianten. Im Vergleich zum Status-quo und zum Prognose-Null-Fall sind die zu erwartenden Immissionen bei der Abluftabgabe über die Portale bzw. über Abluftkamine ermittelt worden. Exemplarisch sind in den Bildern 5 und 6 die Verteilungen der 98-Perzentile des NO2 für den Ist-Zustand bzw. den Planungszustand gegenübergestellt worden. Die Isolinien klassifizieren die von der vorhandenen Straße ausgehenden NO2-Zusatzbelastungen (Bild 5) sowie die durch den geplanten Tunnel im Bereich des Südportals (Bild 6). Die Bebauungshöhe im dargestellten Gebiet variiert zwischen 16 und 54 m. Ein Vergleich der Bilder 5 und 6 zeigt, daß sich nicht nur die Trassenführung, sondern auch der Bebauungszustand ändert. Die Rastergrößen betragen 30 m.

Es ist deutlich zu erkennen, daß sich die Immissionen im Bereich des Portals erhöhen. Der in Bild 6 dargestellte Fall ist besonders komplex, da sich nach etwa 180 m südlich hinter dem Hauptportal ein weiterer ca. 300 m langer Tunnel anschließt. Die Immissionsbeiträge dieses Tunnels waren ebenfalls zu ermitteln. Das Bild 6 zeigt bereits die Gesamtbeiträge vom Haupt- und Nebentunnel sowie von der 180m langen freien Strecke. Der Abluftstrahlauftrieb durch Übertemperaturen der Tunnelabluft sind nicht mit in die Immissionssimulationen eingeflossen, da ein Temperaturjahresgang nicht ableitbar war. Gleichwohl ist der Einfluß des Auftriebs im Windkanal simuliert worden. Das Bild 7 zeigt exemplarisch den Einfluß für den Windrichtungsbereich von 00 bis 1500. Als Übertemperatur sind 40 C simuliert worden. Die Darstellung zeigt das Verhältnis der über alle Meßstellen im Untersuchungsgebiet gemittelten Konzentrationen mit und ohne Abluftstrahlauftrieb. Es wird deutlich, daß die Schadstoffbelastungen vom Tunnel abhängig von der Windrichtung episodenweise zwischen 20% und 80% niedriger liegen können, als in der konservativen Prognose vorgegeben ist. Für die Gesamtaussage ist diese Tendenz vorsichtig zu bewerten. Da einerseits der Temperaturgang nicht bekannt ist, es andererseits aber auch einzelne Meßstellen gibt, an denen sich Konzentrationserhöhungen einstellen.

Bild 7: Einfluß des Abluftstrahlauftriebs aufgrund von Übertemperaturen

Bemerkenswert sind auch die Ergebnisse der Untersuchungen zur Tunnelentlüftung über einen Abluftkamin. Das Bild 8 zeigt die mit Bild 6 vergleichbare Darstellung. Die Ergebnisse unterscheiden sich nicht so gravierend, daß ein Lüfterbauwerk sinnvoll wäre. Die Situation mit Lüfterbauwerk ist lufthygienisch insgesamt zwar besser im Vergleich zur reinen Abluftabgabe über die Portale, die Beiträge von der Unterführung Gladbacher Straße, der Völklinger Straße und dem Abluftkamin hinterlassen immer noch eine hohe Gesamtbelastung. Berücksichtigt man in einer Gesamtbeurteilung, daß am Rheinufer über beinahe 2 km die Zusatzbelastungen von der Rheinuferstraße völlig verschwinden, so bedeutet der Rheinufertunnel auch aus lufthygienischer Sicht eine Qualitätsverbesserung.

Die Bilder 9 und 10 dokumentieren exemplarisch den Einfluß von komplexer Bebauung auf die Abluftausbreitung aus einem Abluftkamin. Sie stellen sogenannte Kaminhöhenfunktionen dar. Das Bild 9 zeigt die Situation am Nordportal des Rheinufertunnels für unterschiedliche Aufpunkte. Die Bilder oben ergeben sich bei Windrichtungen zum Rhein, wobei der Wind die verhältnismäßig homogene Bebauung der Altstadt überstreicht. Bei den Bildern unten ist der Wind in die Bebauung hineingerichtet. Die Kaminhöhenfunktionen stellen die Konzentrationen an den Aufpunkten bei unterschiedlichen Kaminhöhen im Verhältnis zu den Konzentrationen bei einer Bezugshöhe von 16,5 m dar. 16,5 m entspricht der mittleren Bebauungshöhe im Portalumfeld. Es wird also gezeigt, bei welchen Kaminhöhen die Konzentrationen an den verschiedenen Aufpunkten höher oder niedriger liegen als bei einer Kaminhöhe von 16,5 m. Wenn der Wind zum Rhein hinbläst, nimmt die Konzentration mit zunehmender Kaminhöhe stetig ab.

Die Kaminhöhenfunktionen lassen sich hier durch ein modifiziertes Gaußsches Ausbreitungsmodell beschreiben. Die Meßstellen liegen dabei jeweils mit aufsteigender Numerierung weiter vom Kamin entfernt, wobei aufeinander folgende Nummern (z.B. N17, N18) jeweils 30 m entsprechen. Der direkte Abstand vom Kamin zur ersten Meßstelle N17 beträgt etwa 130 m. Der Wind bläst dabei genau aus Süd-West, wobei der Punkt N17 in direkter Richtung vom Kamin angeblasen wird. Der nördliche und westliche Abstand vom Kamin beträgt genau 90 m. Die Position des Kamins liegt bei Q14, wobei in absteigender alphanumerischer Folge der Abstand vom Kamin jeweils um 30 m in nördlicher Richtung zunimmt. Die Punkte N18, N19 usw. setzen sich dabei in direkter westlicher Richtung fort. Bläst der Wind dagegen aus Nord-West auf die Altstadtbebauung zu (Bild 9 unten), so nimmt abhängig von der Meßstelle die Konzentration mit zunehmender Kaminhöhe nicht mehr in jedem Fall stetig ab. Würde man hier z.B. ein Gaußsches Ausbreitungsmodell ansetzen, so würde man an den Meßpunkten T10, U9 und X11 bei einer Kaminhöhe von 24,75 m die Konzentrationen zu niedrig prognostizieren.

Tieflegung der Rheinuferstraße: Umfeld Nordportal bei Altstadt
Bild 9: Kaminhöhenfunktionen im homogen und unbebauten Gelände
Tieflegung der Rheinuferstraße: Umfeld Südportal in Unterbilk

Bild 10: Kaminhöhenfunktionen im inhomogen bebauten Gelände

Am Südportal, in dessen Umfeld die Bebauung wesentlich inhomogener als am Nordportal ist, wäre der Fehler mit dem Gaußschen Modell noch extremer. Ohne hier im einzelnen auf die Lage der Meßstellen in Abhängigkeit zum Kaminstandort einzugehen, zeigt das Bild 10, daß an einigen Meßstellen die Konzentrationen durch den Kamin in 1,50 m Höhe über den Boden mit zunehmender Kaminhöhe noch ansteigen können. Das bedeutet, daß in einer inhomogen bebauten Umgebung nicht unbedingt eine höhere Kaminhöhe zu einer niedrigeren Bodenbelastung führt. Z.B. ist am Aufpunkt S16 die Konzentration bei einer Kaminhöhe von 33 m noch beinahe 1 ½ mal so hoch wie bei einem etwa 8 m hohen Kamin. Die aus lufthygienischen Gründen optimale Kaminhöhe kann also durchaus niedriger liegen, als die mittlere Höhe der Umgebungsbebauung. Erst eine umfangreiche Immissionssimulation, die allen Windrichtungen und allen Meßpunkten Rechnung trägt, kann Auskunft darüber geben, welche Kaminhöhe als die optimale zu wählen ist. Es zeigte sich, daß bei Kaminhöhen bis über 50 m die Immissionen im Untersuchungsgebiet insgesamt nur marginal niedriger liegen als bei der 100%-igen Abluftabgabe über die Portale. Dagegen sind Bereiche zusätzlich belastet worden, die vorher nicht von der Tunnelabluft betroffen waren. Der Grund dafür liegt einerseits in sogenannten downwash-Effekten aufgrund der hohen Umgebungsbebauung. Andererseits war zu berücksichtigen, daß der Tunnel aufgrund der Trägheit des Abluftstrahls und der Schleppwirkung der Fahrzeuge noch etwa 10% Restabluft über die Portale abgibt.

Teilabdeckung der A 40 in Essen

Der Rheinufertunnel steht als Beispiel für eine Trasse, die an den Portalen nahezu in Gleichlage verläuft. Die Bilder 11 und 12 zeigen dagegen Ergebnisse einer Immissionsprognose für den Prognose-Null-Fall (Bild 11) und für die geplante Abdeckung der im Einschnitt geführten Stadtautobahn A40 in Essen (Bild 12) zwischen der Wickenburgstraße und Hobeisenstraße. Sie zeigen die beiden untersuchten Bereiche in der Umgebung des West- und des Ostportals. Das aufgedruckte Raster hat je Masche eine Länge von 30 m. Der unterschiedlich schattierte Bereich an beiden Seiten der Trasse stellt exemplarisch für das 98-Perzentil des NO2 die Belastungssituation dar. Die dunkelsten Zonen geben Bereiche mit auftretenden Grenzwertüberschreitungen wieder. Die Bilder stellen bereits eine bewertende Dokumentation dar. Bewertet wird hier der unmittelbar an den Einschnitt angrenzende 30 m Bereich. Flächen in größerer Entfernung werden im Portalumfeld zwar ebenfalls zusätzlich belastet, die resultierenden Immissionen liegen aber deutlich im unkritischen Konzentrationsbereich. Damit wird insbesondere auch die Nahbereichsrelevanz der Quelle unterstrichen.

Interessanterweise liegen die maximalen Konzentrationen nicht in unmittelbarer Nähe zum Portal, sondern sie treten 80 und 180 m vom Portal entfernt auf (vergl. Bild 12 Beurteilungsgebiet West oben). Auf der Ostseite treten dagegen keine vergleichbaren Immissionsbelastungen auf, obwohl sich auch hier Gebäude unmittelbar am Einschnittrand befinden. Die Begründung wird anhand der Bilder 13 und 14 deutlich. Kritische Windrichtungen sind in der Regel die Queranströmrichtungen. Die der A40 nächstgelegenen Gebäude an der Nordseite des Einschnitts - die Benno-Strauß-Straße - bestimmen im wesentlichen das Ausbreitungsverhalten am Westportal. Bei nördlichen Winden gelangt ein großer Teil der Abluft trotz der Tieflage der A40-Trasse und trotz der relativ hohen Immissionsschutzwände in den Leesog der Gebäude. Diese Bilder zeigen Rauchaufnahmen an dem Portal nächstgelegenen Gebäude der Benno-Strauß-Straße. Das Bild 13 zeigt die Situation bei Normallicht und das Bild 14 als Lichtschnitt. Man erkennt deutlich, daß sich an der Gebäudereihe ein Ablösegebiet ausbildet, in das der Abluftstrahl umgelenkt wird. Diese Gebäude werden also bei Mit- und Gegenwindrichtungen mit Abluft aus dem Tunnel beaufschlagt. Bei niedrigen Ausblasverhältnissen waren die näher zum Portal liegenden Gebäude (Bilder 13 und 14) betroffen und bei höheren Ausblasverhältnissen der etwa 150 m vom Portal beginnende Gebäudeblock. Zwischen den beiden Baublöcken liegt eine Bebauungslücke, in der die Konzentrationen deutlich niedriger liegen. Diese Lücke ist für ein Lüftungskonzept verwendet worden, um die Grenzwertüberschreitungen an der Benno-Strauß-Straße abzubauen.

 

Abdeckung der A40 in Essen zwischen zwischen Wickenburg und Hobeisenstraße
Bild 11: Immissionsbeurteilung der Ist-Situation bei zukünftiger Verkehrsbelastung
Abdeckung der A40 in Essen zwischen zwischen Wickenburg und Hobeisenstraße
Bild 12: Immissionsbeurteilung des Planungsfalls bei zukünftiger Verkehrsbelastung


Abdeckung der A40 in Essen zwischen zwischen Wickenburg und Hobeisenstraße

Bild 13: Normallicht-Rauchtraceraufnahme
 
 


Abdeckung der A40 in Essen zwischen zwischen Wickenburg und Hobeisenstraße

Bild 14: Lichtschnitt-Rauchtraceraufnahme In diesem Konzept ist die Lüftung im Tunnel abhängig von der vorherrschenden Windrichtung sowie der zugehörigen Windgeschwindigkeit so gesteuert worden, daß die Hauptbelastungen möglichst in diese Bebauungslücke eingeleitet werden. Dieses konnte jeweils durch Erhöhung der Lüftung erzielt werden, wenn der portalnahe Gebäudeblock beaufschlagt wurde, durch Abschalten der Lüftung, wenn die Selbstlüftung durch die Fahrzeuge die Hauptabluft bereits in diese Lücke einleitet und zuletzt durch eine weitere Erhöhung der Lüftung, wenn der Abluftstrahlimpuls aufgrund der Selbstlüftung bereits so hoch war, daß der entfernt liegende Bebauungsblock an der Benno-Strauß-Straße betroffen war. Für ein solches Konzept ist eine ständige Winderfassung erforderlich, weil das Ausblasverhältnis nicht nur von der Tunnalabluftgeschwindigkeit, sondern auch von der Windgeschwindigkeit abhängt. Ein derartiges Konzept ist ausschließlich auf der Grundlage von Windkanalmessungen ableitbar. Solange keine wesentlichen baulichen Änderungen im Untersuchungsgebiet vorgenommen werden, kann mit Hilfe der vorliegenden Transmissionsparameter auch bei sich ändernden Verkehrs- und Emissionsbedingungen ein neues Lüfterkonzept durch Computersimulationen abgeleitet werden. Auf der Grundlage der Windkanalmessungen konnte aber ein Lüfterkonzept entwickelt werden, mit dem die NO2-Immissionen deutlich werden konnten. Bei dem abgeleiteten Konzept ist die maximal zu installierende Lüfterleistung der Nordröhre um das 1,8fache zu erhöhen.

Am Ostportal ist dagegen keine geschlossene Bebauung an der A40 vorhanden, so daß sich die Tieflage und die Immissionsschutzwände hier direkt auswirken. Bei Queranströmung gelangen die Abgase bereits stark verdünnt aus dem Einschnitt in die Umgebung, da die Abgase bis zu 500 m im Einschnitt gefangen bleiben und sich über diese Strecke Frischluft in den Einschnitt mit einmischt. Die eigentliche Zusatzbelastung durch den Tunnel wird daher über eine lange Strecke verteilt, was zu einer verhältnismäßig niedrigen Immissionsbelastung in der Umgebung führt. Lediglich an Gebäuden in der Nähe der Trasse geraten Abgase in den Leesog der Gebäude, was an diesen Stellen etwas höhere Immissionsbelastungen erwarten läßt. Da hier aber keine geschlossene Bebauung wie am Westportal vorliegt, bleiben die Immissionskonzentrationen relativ niedrig.

Abluftausbreitung in topographisch stark gegliedertem Gelände

Die geplante B14 zwischen Stuttgart Schattenring und Südheimer Platz wird im Bereich des Südheimer Platzes über eine bis zu 23 m hohe Brücke geführt, die im Osten an den Tunnel durch die Heslacher Wand anschließt

Bei einer Verkehrsbelastung von etwa 50.000 Kfz/Tag können relevante schadstoffimmissionsseitige Auswirkungen im naheliegenden Siedlungsgebiet nicht ausgeschlossen werden - insbesondere weil auch die Immissionsvorbelastung im Untersuchungsgebiet bereits hoch ist. Ein Hochhaus befindet sich in weniger als 60 m Abstand von dieser geplanten Brücke und überragt diese noch deutlich. Nordöstlich von der geplanten Brücke befinden sich bereits in etwa 30 m Entfernung empfindliche Nutzungen. Insbesondere für eine nahe gelegene Kindertagesstätte war ein Nachweis erforderlich, daß dort zukünftig schädliche Immissionskonzentrationen auszuschließen sind. Gegen den Planfeststellungsbeschluß zu diesem Vorhaben wurde vor allem aus diesen Gründen vor dem Verwaltungsgerichtshof in Mannheim geklagt.

Das potentielle Auswirkungsgebiet ist topografisch stark gegliedert, so daß die Ausbreitung von Schadstoffen durch die lokalen Verhältnisse deutlich geprägt wird. Um diese Effekte real zu simulieren, werden Windkanalversuche durchgeführt. Einfachere Verfahren zur Belastungseinschätzung stehen für derart komplexe Situationen nicht zur Verfügung.

Für die Untersuchungen ist ein Geländemodell gebaut worden. Das Bild 15 gibt einen Überblick über den Untersuchungsbereich. Der modellierte Bereich ist durch eine fette Umrandung markiert. Das Foto Bild 16 zeigt das Modell aus der Richtung Süd-West. Im Verlauf des Nesenbachtals erkennt man vor der geplanten Brücke das Hochhaus.

Das modellierte Versuchsgebiet ist hinreichend groß, so daß sich die lokalen Strömungen naturgetreu ausbilden können. Die einzelnen Höhenschichten der Topografie sind mit Styroporplatten nachgebildet worden. Der Bewuchs wird durch Drahtwolle simuliert, die die Eigenschaft von Bewuchs sehr gut nachbildet, /6/.

Neubau der B14 in Stuttgart zwischen Schattenring und Südheimer Platz
Bild 15: Modellgebiet für die Windkanalsimulationen
Neubau der B14 in Stuttgart zwischen Schattenring und Südheimer Platz

Bild 16: Gesamtübersicht aus Südwest

Die Tracergasquellen, die B14 mit Brücke und Tunnel müssen so realisiert werden, daß die Dynamik der Quelle naturgetreu simuliert wird. Der Brückenkörper muß maßstäblich verkleinert die gleichen Abmessungen haben wie in der späteren Hauptausführung. Die Dynamik der Quelle wird wie oben beschrieben nachgebildet. Die vertikale Aufweitung der Tracergasfahne ist dabei nicht ganz so groß wie sie beim Einsatz von Modellfahrzeugen in größeren Modellmaßstäben wäre. Die gemessenen Tracergaskonzentrationen und damit die auf die Natur umgerechneten Immissionen sind dadurch höher. Dieses ist im Sinne einer konservativen Betrachtung akzeptiert worden.

Im Bild 17 ist die Meßstelle für die Referenzwindgeschwindigkeit zu erkennen. Es handelt sich um eine Hitzdraht-Kreuzsonde der Firma DANTEC. Die Sondenspitze befindet sich etwa in der Bildmitte. Die Meßhöhe entspricht der der Naturmeßstelle am Marienplatz. Um -falls erforderlich- später auch auf andere Referenzhöhen umrechnen zu können, ist das lokale bodennahe Windprofil vom Boden bis zu einer Höhe von umgerechnet 50 m gemessen worden.

Es waren zwei Quellen zu untersuchen:

  • Der Einflüsse der offen geführten Abschnitte, insbesondere die geplante Brücke,
  • der Tunnel durch die Heslacher Wand.

Neubau der B14 in Stuttgart zwischen Schattenring und Südheimer Platz
Bild 17: Teilansicht des Modells mit geplanter Brücke

Zur Realisierung der B14 mit der Brücke ist von unten ein zertifiziertes SF6-Luftgemisch eingeleitet worden, das über die gesamte Emissionsbreite in die Modellumgebung injiziert wird.

Beim Tunnel sind unterschiedliche Abluftausströmgeschwindigkeiten zwischen 1 und 8 in der oben beschriebenen Weise eingestellt worden. Trotz hoher SF6-Zugaben konnten an keiner der Meßstellen noch signifikate Konzentrationen nachgewiesen werden, so daß der Tunnel bei der späteren Immissionsberechnung nicht mehr berücksichtigt werden mußte.

Für die Messungen wurden je Windrichtung an 28 Meßpunkten Proben angesogen und analysiert. Für die Bedienung von 28 Meßpunkten mußten also Mehrfachversuche mit Meßstellenumbelegungen durchgeführt werden. Da nicht jeweils alle Meßstellen umbelegt werden mußten, sind gleichbleibende Meßstellen zur Überprüfung der Reproduzierbarkeit der Messungen verwandt worden.

Gleichzeitig mit den Tracermessungen wird in der Referenzhöhe (nach Naturvorgabe 22 m) die Windgeschwindigkeit gemessen. Diese fließt in die Berechnung der dimensionslosen Ausbreitungsparameter mit ein.

Eine Beurteilung der Immissionen ist nur dann möglich, wenn ihre statistischen Kenngrößen, Jahresmittelwert und 98-Perzentil aus den Messungen abgeschätzt werden können. Die Ausbreitungsfunktionen sind daher für verschiedene Windrichtungen ermittelt worden. Eigentlich müßten für jede Windrichtungsklasse, die zur Verfügung steht, die Ausbreitungsfunktionen bestimmt werden. Um den Untersuchungsaufwand zu beschränken, sind die Messungen aber nur für die Windrichtungen mit den größten Häufigkeiten durchgeführt worden. Dieses sind auch die kritischen Windrichtungen, bei denen der Wind die Abgase von der Brücke auf die besiedelten Bereiche zubläst. Betrachtet man die Windrose im Bild 18, die aus Windmessungen im gleichen Tal am Marienplatz im Jahr 1977 erstellt worden ist, so fällt es auf, daß sich durch das Nesenbachtal eine eindeutige Hauptwindkomponente aus Südwest mit einer Häufigkeit von 31,7 % ausbildet. Diese Windrichtung ist für die Immissionsbeiträge im nordöstlich gelegenen Siedlungsgebiet Heslach besonders relevant und lieferte aus den Windkanalmessungen auch die höchsten Konzentrationen. Dreht der Wind weiter nach Süden, so nehmen die Konzentrationen in diesem Siedlungsgebiet sehr schnell ab.

Bei Winden aus Nordost ist der südwestliche Bereich der Gewerbeansiedlung Heidenklingenstraße (Foto Bild 16, Bebauung um das Hochhaus) am stärksten betroffen. Mit einer Häufigkeit von 9,2 % ist diese Windrichtung für den südwestlichen Bereich immissionsrelevant.

Marienplatz 1977

Bild 18: Mittlere Häufigkeit der Windrichtungen in %

Mit Erfassen der häufigsten und gleichzeitig kritischen Windrichtungen und dem Jahresmittelwert der Windgeschwindigkeiten läßt sich der Jahresmittelwert der Immissionen aus dem DTV abschätzen. Schwieriger ist die Ermittlung der 98-Perzentile. Um diese abzuschätzen, muß ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von kritischen Verkehrssituationen und kritischen Windrichtungen hergestellt werden. Das ist keine Schwierigkeit, wenn Verkehrstages- oder sogar Wochenganglinien einerseits und Windzeitreihen andererseits zur Verfügung stehen. Im vorliegenden Fall existierte aber nur ein DTV-Wert für die Verkehrsbelastung. Da andererseits aber Tagespegel der Windrichtungshäufigkeiten für die relevanten Windrichtungsklassen vorlagen ist es sinnvoll, auch Annahmen über die Ganglinien des Verkehrs zu treffen. Dazu wurde die Tagesganglinie der B27, die wie die B14 ebenfalls radial von Süden nach Stuttgart verläuft, als vergleichbar angenommen und mit einem DTV von 50.000 Kfz auf die lokalen Bedingungen umgerechnet. Hinsichtlich der Windgeschwindigkeiten ist der Jahresmittelwert und ein mittlerer nicht hinreichend. Benötigt würde ein Tagesgang der Windgeschwindigkeitshäufigkeiten je Windrichtungsklasse. Diese standen aber für die Meßstelle am Marienplatz nicht zur Verfügung. Ersatzweise wurden Häufigkeitsverteilungen der Windgeschwindigkeiten aus den Jahren 1990 und 1991 von der Meßstation Schwabenzentrum herangezogen. Die Verteilungsfunktion wurde in modifizierter Form auf die Bedingungen am Marienplatz übertragen. Es war insbesondere zu berücksichtigen, daß am Marienplatz keine Calmen vorkommen, d.h. in keinem Fall Windgeschwindigkeiten unter 0,5 m/s aufgetreten sind. Mit diesen zusätzlichen Informationen waren auch die 98-Perzentile abzuschätzen.

Ergebnisse

Die Lage der Meßstellen zeigt das Bild 19. Sie sind mit 1 bis 28 durchnumeriert.

Die stärksten Auswirkungen der Neubaumaßnahme ergeben sich an den Meßstellen 10 und 11, die weiter entfernt liegen als die übrigen Meßstellen. Durch die Hochlage der Straße werden die maximalen Bodenkonzentrationen erst in größerer Entfernung von der Trasse erreicht.

In den Bildern 20 und 21 sind exemplarisch für das 98Perzentil des NO2 die Gesamtbelastungen dargestellt. Die Gebietsvorbelastung ist als einfach schraffierte Fläche dargestellt. Es ist zu beachten, daß die Ordinaten der Diagramme nicht bei Null beginnen. Die Meßstellen 1-12 liegen nordwestlich von der geplanten B14, und hier liegen auch die besonders empfindlichen Wohngebiete. Es zeigt sich, daß die Belastungen hier aufgrund der Neubaumaßnahme über dem Vorbelastungsniveau liegen werden. Auf der anderen Seite -südwestlich von der B14- liegen die NO2-Immissionen nach dem Neubau der B14 geringfügig über der Vorbelastung. Die Werte liegen noch deutlich unter Grenzwert von 200 µg/m3 gemäß der 22. BImSchV. An der Meßstelle 11 sind die Zusatzbelastungen aufgrund der B14n so hoch, daß mit einer Überschreitung des Prüfwertes von 160 µg/m3 gemäß der 23. BImSchV zu rechnen ist.

Im Bild 21 repräsentieren die Meßstellen 15 bis 18 die Bodenmeßstellen am Hochhaus. Eine genauere Übersicht liefert das Bild 22, das auch die Belastungen an den einzelnen Gebäudefassaden in verschiedenen Höhen am Hochhaus dargestellt. Es zeigt sich, daß die Verteilungen über die Höhe verhältnismäßig gleichmäßig sind. Das bedeutet, daß die lokalen Effekte durch das Hochhaus gegenüber den Effekten, die sich aus der ausgeprägten Topografie ergeben, kaum noch eine Rolle spielen. Die Konzentrationen in Bodennähe am Fuß des Hochhauses sind am höchsten und nehmen zum Dach hin ab. An der Ostfassade ergeben sich die höchsten Werte. Es werden aber keine Grenzwerte überschritten.

Es ist festgestellt worden, daß die Immissionsbelastung sich aufgrund des Neubaus der B14 erhöht. Es ergeben sich aber keine unzulässig hohen Immissionswerte. Aufgrund des Immissionsgutachtens sind die Einwände, daß unzulässig hohe Immissionen durch die B14 folgen würden, vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim zurückgewiesen worden. Entsprechende Gutachten der Kläger sind gegen das Windkanalgutachten nicht anerkannt worden.

Neubau der B14 in Stuttgart zwischen Schattenring und Südheimer Platz

Bild 19: Meßstellen

Bild 20: NO2 Belastungen nordöstlich von der B14 n

Bild 21: NO2 Belastungen südwestlich von der B14 n

Bild 22: NO2 Belastung an den Hochhausfassaden

Schlußbetrachtung

Durch Windkanalversuche können die atmosphärischen Transportgleichungen im Analogverfahren gelöst werden, so daß die Simulation der Schadstoffausbreitung insbesondere im komplexen Terrain möglich ist. Es konnte dokumentiert werden, daß der Windkanal bereits einen festen Platz in der Planungspraxis hat. Insbesondere für den unmittelbaren Quellnahbereich gibt es noch kein Verfahren das ähnlich belastbare Immissionsvorhersagen erlaubt. Aber auch thermisch geschichtete Strömungen sind mittlerweile unter bestimmten Voraussetzungen möglich /3/.

 

Literatur

  1. Brilon, W.; Niemann; H.J.; Romberg, E.:Wind Tunnel Experiments on Spread of Exhausts in the Vicinity of Motorways. Proc. 14th ARRB Conference, Part 3, pp. 177-186, 1988.
  2. Eichhorn, J.: Entwicklung und Anwendung eines dreidimensionalen mikroskaligen Stadtklima-Modells. Dissertationsschrift, Mainz, 1989
  3. Kuttler, W.; Romberg, E.: The Occurrence and Effectiveness of Country Breezes by Means of Wind Tunnel and In Situ-Measurements. To be publ. 9th World Clean Air Congress, IU-9A.04, Montreal, Sept. 1992.
  4. Romberg, E.: Wind Tunnel Studies on the Effect of Trafic, Pollution Protecting hedges and Structures on the Diffusion of Exhaust Gases on Roads. Proc. of the International Road and Traffic Conference on Roads and Traffic 2000, Vol. 5, Berlin 1988, pp 53-5.
  5. Romberg, E.; Niemann, H.-J.; Brilon, W.; Hölscher,N.: "Windkanaluntersuchungen über die Ausbreitung von Abgasen an Hochleistungsstraßen" 2. und 3. Teilstudie im Auftrage der BASt; Bochum 1984 und 1986.
  6. Rauterberg-Wulff, A. (1999b): Beitrag des Reifen- und Bremsenabriebs zur Rußemission an Straßen. Fortschrittsberichte des VDI, Reihe 15: Umwelttechnik Nr. 202.
  7. Lohmeyer, A., Düring, I.(2001): Validierung von PM10-Immissionsberechnungen im Nahbereich von Straßen und Quantifizierung der Feinstaubbildung von Straßen. Auftraggeber: Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Umweltschutz und Technologie, Berlin und Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden. Juni 2001.
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